freiVERS | Roland Grohs

Brüche

Ihre Haut ist brüchig geworden.
Wir verkeilen uns,
wie Bauklötze, die ein Kind gegeneinander hämmert.
Das Bett ein Bauklotz, sie ein Bauklotz, ich ein Bauklotz.
Ehe wir fertig sind, möchte ich aufstehen,
träume von einer glatten Oberfläche, um zu puzzeln.

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Roland Grohs

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freiVERS | Christl Greller

und sind wir frass

und holt der fuchs das süße kitz im gras,
der böse fuchs.
nein, mutterfähe,
wir lernen: und füttert sie im bau.

und adler holt den fuchs,
ist böse. nein,
wir lernen: adlerjunge brauchen fraß.
naturgesetz ist: eines lebt vom andern.

mein liebes, mein geliebtes kind.
und lebt in deinem kopf etwas, das
von dir frisst und
wächst in deinem hirn auf deine kosten.
dein streichel-lieber kopf. und lebt darin
und frisst und wächst was,
nicht zu tilgen mehr, im kopf auf
deine kosten.
wir lernen - naturgesetzlich, eines lebt
vom andern.

ich habe es gelernt.

will’s nicht verstehen.

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Christl Greller

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freiVERS | Enno Ahrens

Nachts

trage ich fantastische Krawatten
gefertigt aus selbsterlegter
Klapperschlange die Rassel
dazu verdeckt im Saum

Meine Schuhe sind krokodilledern
das Jagdmesser mit Griff
vom Elfenbein aus
reinen Gedanken

Sie sind lichtscheu
wie blutrünstige Vampire

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Enno Ahrens

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freiVERS | Walter L. Buder

hüten

in zaunloser weite
wie ausgesetzt aber nicht rastlos
im horizont der schöpfung
boden gewinnen

schreitend im takt zeitloser
unrast wie wankend aber nicht
ruhelos im lichtkreis des stabes
seelen nähren

und bergen. und schützen. und sorgen.
neugeborenes im unterholz, verstecktes
retten und heilen, vielleicht. immer
aber gefährlich entschieden und
einfach sein

den träumen ein auge
den leiden ein herz
den mächten ein widerfahrnis

widerstehen. und hüten. das
offene geheimnis

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Walter L. Buder

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freiVERS | Sascha Kokot

heute wird es nicht mehr hell
kurz war nur der Mond zu sehen
bevor sich der Himmel fest
über der Esse verschloss
die Farbe von Januargewittern annahm
die Jungs brennen ihr letztes Feuerwerk ab
im Nachhall wird dir kälter
du siehst den Schnee kommen
weißt aber der Sturm wird dich nur streifen
weit hinter den Gärten stumm wüten
die Angst in dir hat sich schon lange
ihren Platz gesucht und schläft dort ruhig
lässt dich unbewacht
nach den schmerzenden Stellen greifen
dich leise ihre Maße nehmen

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Sascha Kokot

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freiVERS | Steffen M. Diebold

anglerglück

den tag
vom haken lassen

das herz
auswerfen

auch mal in trüben
teichen fischen.

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Steffen M. Diebold

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23 | Sarah Claire Wray

c scham

ich war und bin und werde immer sein
durch arbeit definiert

schaffe schaffe häusle baue

nur wer leistet,
ist
ein guter mensch ein lieber mensch
ein mensch der von anderen gelobt wird

doch jetzt ist alle leistung still gedreht.

und ich ich bin

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Sarah Claire Wray

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20 | Sarah Rinderer

heimat

ich sammle aushöhlungen
unter den fingerkuppen

lavasteine
feinkörnig
der stille nach
aufs fensterbrett gelegt

vertiefungen
blassviolett bis anthrazit
erinnerungen ans flüssig-sein
nie ganz schwarz

am flughafen
zäher strom
heimreisende glasig
und mit zu schwerem gepäck
die alle am selben ort
ihre gesammelten steine
zurücklassen

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Sarah Rinderer

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19 | Walter L. Buder

die drei

1

am siebten morgen
stille und licht im tagwind
des nachts klopft ein herz

2

hell schlägt die glocke
handlauf im steilhang ihr ton
dicht an der zeit

3

leuchtendes warten:
zittergras und schachtelhalm
singen im schatten

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Walter L. Buder

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17 | Andro Robica

Mobiteli                            

Mobiteli su stvarno najveće sranje

Pod jedan oni ponekad ne funkcioniraju
Pod dva oni smrde po govnima kad su pali u govna
Pod tri ne može s njima telefonirati kad ne više funkcioniraju jer su pali u govna

Ostatak dana
sjedi onda
neodlučno u sobi
bez znanja
što činiti

.

Mobiltelefone

Mobiltelefone sind wirklich die größte Scheiße

Erstens funktionieren sie manchmal nicht
Zweitens riechen sie nach Scheiße, wenn sie in die Scheiße gefallen sind
Drittens kann man nicht mit ihnen telefonieren, wenn sie nicht mehr funktionieren, weil sie in die Scheiße gefallen sind

Den Rest des Tages
sitzt man dann
ratlos im Zimmer
ohne zu wissen
was man tun soll

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Andro Robica

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