17 | Andro Robica

Mobiteli                            

Mobiteli su stvarno najveće sranje

Pod jedan oni ponekad ne funkcioniraju
Pod dva oni smrde po govnima kad su pali u govna
Pod tri ne može s njima telefonirati kad ne više funkcioniraju jer su pali u govna

Ostatak dana
sjedi onda
neodlučno u sobi
bez znanja
što činiti

.

Mobiltelefone

Mobiltelefone sind wirklich die größte Scheiße

Erstens funktionieren sie manchmal nicht
Zweitens riechen sie nach Scheiße, wenn sie in die Scheiße gefallen sind
Drittens kann man nicht mit ihnen telefonieren, wenn sie nicht mehr funktionieren, weil sie in die Scheiße gefallen sind

Den Rest des Tages
sitzt man dann
ratlos im Zimmer
ohne zu wissen
was man tun soll

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Andro Robica

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15 | blume (michael johann bauer)

placebo=effekt

an manchen tagen findet der streit kein ende
ihr akkumuliert stress ohne sinnvolles ventil
fuehrt beinahe jede begegnung zur explosion
eurer unter der haut abgelagerten miniminen
keine letalen folgen & dennoch zermuerbend
die regelmaeszigkeit mangels fluchtraum esc-
taste die man einfach mal schnell betaetigen
koennte seid ihr euch ja absolut ausgeliefert
zu dritt in dieser viel zu winzigen wohnung
& vor lauter auf & ab & hin & her vergesst
ihr in diesem jahr sogar nikolaus zu feiern
waehrend weihnachten stur naeherrueckt
peinigen euch ploetzlich gewissensbisse
& ihr blickt euch endlich wieder richtig
an mit zuneigung liebkost euch & lacht
ueber die borniertheit in euren herzen
macht sich eine wohlige waerme breit

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blume (michael johann bauer)

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14 | K.E. Muetze

Fleischwolf

 

1

In der Millimeterschlucht
die zwischen Abend liegt und Morgen
da schießt und schweigt der Pilz
da ruft die Unke, heult der Kauz
da steht und träumt ein Alter
ein Alter ohne Ego, ein Zwerg, sagt man
der dreht am Rad der Wortmaschine
als wärs das Weltenrad

 

2

Sie mahlt, so hört man, Kauz und Unke
zu einem Brei aus Blut und Federn
den formt der Zwerg zu Versen
und hält die dann am Spieß ins Feuer
und wenn sie kross sind, steht er auf
und liest sie lauthals vor

 

3

Doch hört man auch: dass die Maschine
mit dem Rad ihm Laub und Äste häckselt
zu einem Stückwerk, das er dann
auf Sand und Häute schreibt: behutsam so
dass all die Pfade und Verstecke bleiben
fürs Getier, das in den Schluchten haust:
zwischen Abend Morgen
zwischen Leere Fülle
zwischen Wort und Wort

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K.E. Muetze

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13 | Harald Kappel

Sternsinger

 

am Montag
kommt niemals die Post
ich streichle einen Hund
begrabe
die Arbeit in der Tasche
berühre einen Baum

im Badezimmer
putzen sich Sternsinger
die Zähne
zauberhaft
beraubt mich ein Brief
meiner Sprache

ich blättere in deinem Leib
suche falsche Komplimente
die Zitzen sind ausgetrocknet
eine Libelle fliegt
durchs Nadelöhr
mein Verstehen ist verschüttet

am Montag
kommt der Milchbote
ich begrabe den Hund
streichle die Arbeit
berühre mich selbst
niemals
das ist alles

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Harald Kappel

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07 | Andreas Köllner

Redefluss

 

wir wechseln worte
und tauschen
unsere blicke wie
gedanken aus

bis wir
für das gelb der mirabellen
keine worte mehr finden

und uns schweigend
aussagen

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Andreas Köllner

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06 | Teodor Dună / Manuela Klenke

leere

 

ich lief leer und unfassbar
einfach durch ein oleander
perlen oder zinnoberfeld. trug vertrocknete wunden
und armbänder aus geronnenem blut.
ich kam zweifellos voran
unter dem mit alabaster eingewachsten himmel
und nichts konnte trüben die leere
in mir.

und wie ich durch die felder gleite, treffe ich
in einem stacheldrahtnest, neben einer goldenen, zerbrochenen zimbel
eine verlorene, geliebte, und sehr verlorene frau.
„wer sein herz aus der brust reißt zur nacht,
der langt nach der rose”, sage oder schweige ich.
„ab jetzt können wir alles ohne schmerz ertragen”, sagt
oder schweigt sie.

wir wundern uns, soweit möglich, über unser weißes treffen,
erinnern uns an das wachsen der nägel
an den geruch der uhr nach zerlegtem fleisch
an die tüten mit vermengter luft (und andere kleinigkeiten des lebens)

wir erinnern uns, soweit möglich,
an die verlosung
der folterinstrumente
und schauen einander an, als wären wir nicht verloren oder sehr verloren.

wir schweigen und wissen: mit größeren und schwereren steinen
hätten wir nicht spielen können.
unter unseren ausgerissenen herzen schwiegen wir und wussten

dass ich nicht stehen bleiben konnte. ich musste
wieder laufen, leer und unendlich
einfach, unter dem mit alabaster eingewachsten himmel, andauernd,
durch das feld aus granit oder zinn
und nichts sollte trüben die leere
in mir.

ohne dass es überhaupt noch zählt
wo ich ankam und warum
so leer.

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Teodor Dună

aus dem Rumänischen von Manuela Klenke

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Das Gedicht wurde anlässlich des Projekts #Celan100, organisiert vom Goethe Institut Bukarest in Zusammenarbeit mit dem Literaturblog DLITE, geschrieben.

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04 | Sigune Schnabel

Urlaub am See

 

Alle Besucher gehen gebeugt,

ballen sich wie Wolken

über dem Boden.

Starre Blicke roden die Sprache

in Kehlen,

machen keinen Hehl

aus den fehlenden Linien

der Hände,

in denen sich einst Menschen verliefen.

 

Heute ist Tag eins

vor dem Komma,

bin ich berechnend

am Frühstückstisch,

verstecken sich Worte

neben Brot und Tee.

 

Wir gehen hinaus

durch Türen.

Am Rahmen hängt noch

die Farbe von Schnee.

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Sigune Schnabel

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03 | Matthias Gruber

Schwarz (Johannes-Filzer-Straße)

Er streicht die Türen mit Nichts,

dann gibt es kein Davonlaufen mehr.

Das Nichts läuft in Pfützen zusammen.

 

Er zählt bis zehn,

dann kommt das Vergessen.

Dann tut es nicht mehr weh.

 

Die Frau raucht in der Kirche,

es schmeckt der Weihrauch nicht.

Es schmeckt die Wahrheit nicht.

Musst achtgeben auf dich.

 

Der Mann liegt über ihr und keucht,

keucht zähl bis zehn.

Zählt bis zehn.

 

Er streicht die Türen mit Nichts,

füllt die Pfützen mit Nichts.

Läuft drum herum und lacht.

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Matthias Gruber

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freiVERS | Fabian Lenthe

Von zwei Uhr sechsundvierzig

Bis sechs Uhr achtundfünfzig

Ist nicht viel passiert

 

Aber jetzt die Baustelle vor dem Haus

Der Verkehr

Die kalte Luft durch das gekippte Fenster

Unten das Schließen und Öffnen der Haustür

 

Und die Raben

Und ich

Und meine verklebten Wimpern

 

Und um nichts davon haben wir je gebeten

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Fabian Lenthe

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freiVERS | Yvonne Koval

das Aufbrechen von Wasserstoffbrücken

eine Gedankenkette strickend, zwei Fäden eines Teiles
häkeln sich nach Bauanleitung, Strick um Strick
weben sie Zeilen in die Bauchdecke:

sollen wärmen dieses Nest, dessen Aufbau
Schritt für Schritt umgesetzt, stets Anleitung
verfolgt, Zeilen Laut für Laut genau, fast schon
Verfolgungswahn, so ummantelnd dass nicht mehr
eingebettet (sondern angekettet), nur zwei Fäden
an der instabilsten Stelle fest verknotet,
können so einengend sein, Schnur fast schon
Strick um den Hals, doch perfekt ausgefädelt
(in letzter Sekunde) widerstrebend Nest verlassen
an der instabilsten Stelle die Laute verloren.

die Zeilen nun vor sich gesehen (wie heimatlos)
gesehen wie selbst schlagend, selbst atmend und
Laute / Schritte setzen, selbst Bauchdecke wärmen und
brüchiges Leben, selbst Hals aus Strick fädeln (vogelfrei)
Nestwärme war gestern.

und als Atmendes erstmal Zellbausteine begriffen,
Atome strukturiert, sortiert, der Größe nach geordnet,
da selbst erst gesehen: bloß zwei Fäden und eine Bauanleitung
gesehen wie fast schon Strick um den Hals, danach
wie Nest verlassen. und nun in Sprache gefasst:

„du bist; nicht Teil meiner
Fäden nun ausreichend verweichlicht, diese Bauanleitung unlesbar.
du bist; nicht verankert / abgebildet hier nicht eingeladen.
hier abgeladen hast du so viel von deinen Fäden/Lauten/Zeilen,
abgelehnt hab ich Teile (deiner) an mir selbst. begreifst du?

es gibt Atome und Leere, alles andere ist nichts, ist bloß
Ansichtssache, wie dich hier hineininterpretiert, hineingewoben
in Doppelhelix bist du nicht / meine Zellbausteine aufbauend.

daher aufklauben was mich erinnert, was nicht Teil meiner
und dann rausbringen, rausgequetschte Tropfen
tropfen bloß auf Handtuch (bewusst rotes gewählt damit unauffällig)
bis Tuch verweichlicht, alles was mich erinnert an
was nicht hineinpasst / nicht Teil meiner
hab ich weggeschwemmt, flussabwärts / -auswärts
Wege geflossen zwischen Erinnerungslücken,
Zellbausteine losgelöst und weggeflutet wie
ein Blutgerinnsel, Gefäß durchgespült, mitgenommen
das Gerinnsel, das nur verstopft / blockiert
mit allem, was nicht Teil meiner.

Doppelhelix danach betrachtet, plötzlich bruchstückhaft.
Leere erzählt von Aufgeklaubtem, vom ausgefiltert worden Sein,
fortgeflutet / -geflüchtet, war wohl nie Teil dieser Bauanleitung:
Fäden/Laute/Zeilen waren falsch verortet, dort fest verknotet,
haben bloß blockiert, dann weggespült wie aussortiert,
letztendlich das Handtuch wärmend rot signiert.

und die Helix nun verformt, so lückenhaft dass ungenügend
dass es nicht wie ich geboren werden hätte können,
sonst wäre wohl Todgeburt in jemandens Uterus: verweichlicht.

und erst nach so langer Zeit
(bewiesenermaßen lebensfähig)
mit Hirn und Gedanken (Gedächtnis)
war endlich aussortiert/ausgesiebt was verknotete.
all das erst, nachdem Teile deiner herausgelesen,
gegriffen mit der Pinzette nach allen einzelnen Atomen,
ausgeschabt, herausgequetscht (rotes Handtuch
schon vorbereitet für Fremdes, Deines)
bis Leere wo einst erinnerte,
bis Doppelhelix wie bruchstückhaft
– da war erst ausgesiebt was verknotete.

Und nun?
Atome und Leere, alles andere ist nichts, ist bloß
Ansichtssache / Bruchteil davon. nun Bauanleitung
wie in Stückchen zerfetzt, Erinnerungslücken und brüchig.
Fäden / Nähte nach und nach aufgetrennt
Riss um Riss und Identität bruchstückhaft.
Tropfen am Handtuch ausgehärtet und kalt, nicht verweichlicht.
Ich bin keine Verweichlichung von Ansichtssachen,
keine Verweiblichung der Teile deiner / Bruchteile davon.
nun Zellbausteine ausgehärtet (unverformbar)
Fremdes ausgesiebt: grobe Körner
kratzen nicht mehr an der Hautoberfläche.
Bauchdecke war gestern.

Nun Genkette aus allen Ankern gerissen, wie altes Metall
(Stahl schon verrostet) das für sich allein durch’s Meer treibt
allein für sich Ozean überqueren / kennenlernen was fernbleibt
Bauanleitung unbrauchbar, Handtuch ausgewaschen
Erinnerungslücken bauen Brücken in die Leere
wo zerfällt und zerfallend diese Genkette
zusammenhangslos, Teil von keinem und
keines Teiles ein wärmendes Nest / sein Heim,
heimatlos.“

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Yvonne Koval.

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