freiVERS | Niklas Cron
trockene tage
und wieder flimmert die hitze durch den tag
schlieren verheddert zwischen zweigen
knarrender kiefern
ihre nadeln braune borsten
die sich im blick der sonne kräuseln
knisternd im wind bis sie brechen
und staubig zu boden sinken
auch dem wind geht bald die puste aus
sein atem hechelt durchs geäst
verwirrt gehetzt dem kollaps nahe
spröde die erde die ihr umbra
in tiefen rissen trägt
gefurcht und schmerzverzerrt
welk wedeln die gräser ihre grauen halme
ertrunken im lodernden licht
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Marianna Lanz
teich
das haus bröckelt
die fassaden
alles kracht und
fällt
dafür sieht man
den mond wieder
der über den
trümmern steht
gar nicht so fern
liegt er und rollt
in den teich
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Dennis Hannemann
Sommerimpressionen
i.
Ein Strom verzweigt auf den Feldern,
ein Rettungsboot kurz vorm Kentern,
Wachen und Helfer, Zelte mobil
in Kunststoffwelten versetzt, zu wenig
Rasierzeug und Stoff, die Fremden schöpfen
empfangen zu keiner Zeit.
ii.
Verlieren Angst auf-
marschiert plakatiert
Wände und Zäune
Baracken glühen.
iii.
Der Eurocity
hinauf zum Brenner,
er sitzt im selben Abteil,
namenlos no identity,
er trägt einen Skateschuh,
er hat kein Gepäck, er läuft weg
am Bahnsteig ankunftslos.
iv.
Sand und Hitze alpenwärts
treffen Hölzer spenden
Schatten der Erinnerung
nichts dergleichen schwindet
in spröden Zeiten zutiefst.
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Enno Ahrens
Q
die schwarzgezogene wurzel
aus 25 steigt auf am geistigen
horizont ein neues gestirn an
meinem knallerbsenstrauch
man muss nur tief genug
graben die engerlinge über
die klinge des spatens
springen lassen dann
erweisen sie sich sehr
flexibel als quastenflosser
vielleicht oder als
reu-selige quecke
so finden scharrende
hühner ihren gott
eventuell den allseits
begrabenen hund
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Patricia Falkenburg
Möwentableau.
Weiße Vögel
Auf kartoffelknollig gefurchtem
Braunem Grund.
Schwingen verwahrt,
Einbeinstand
Im rauschenden Regen. Regen.
Kein Licht
Am grauen Himmel,
Leintuchwolken, streifenfrei.
Weiße Lichtpunkte,
Köpfe in Federn geduckt,
Auf dem Feld im Regen. Im
Rauschenden Regen.
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Eva Brunner
lpk
die Pflastersteine von Hierapetra
ließen die Mamorfrau vorher gehen
das Planimeter noch in der Tasche
komm geh einen Palast besetzen
Pampelmusen und Pistazien essen
deine Traurigkeit plastisch machen
das Patriarchat ist keine Primel leider
Papier kann helfen Pik kann stechen
denn deine Unschuld ist antik
Eva Brunner
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Susanne Rzymbowski
Verschachtelt
die Sätze in deinem Kopf
aus Fragmenten
einer Zeit die gewaltig
im Nichts tobt
als Schimmer aus Zukunft
ohne Erleben
und dein Herz stahl
für den Moment
der verhungert
so umherirrt
und du schweigst
zu der dir bleibenden Welt
Susanne Rzymbowski
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Lütfiye Güzel
geisterbahn-karussell
zwanzig neue bücher
in gepolsterten umschlägen
die klammern stecken
ihre köpfe
durch die beiden löcher
ich klebe die seiten noch zu
bevor ich beschossen werde
von meinen eigenen organen
Lütfiye Güzel
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Enno Ahrens
Im Geisterdorf
Ihr Geschrei ist verstummt
keine Kinderhand entzündet
sich mehr an den Nesseln
am Saum der Gärten stehen
sie verschlafen
die Häuser nur noch leere
fruchtlose Hülsen vereinzelt
bewohnt von Alten gefallen
wie aus einer längst
vergangenen Zeit
ein Greis döst in seinem
Lehnstuhl unwirklich
wie ein Rauchermännchen
verschwindet einen kurzen
Moment in dem Qualmwirbel
wie in einem schwarzen Loch
einzig die Ente im
verwilderten Fischteich
zeigt sich befindlich
beim Eintauchen
den Bürzel aufwärts
Enno Ahrens
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at
<< mehr Prosa | mehr Lyrik >>
freiVERS | Steffen Bach
kaugummiautomat
sommer am kaugummiautomat
sommer vorm kaugummiautomat
meine hände sind trocken und glatt
schmiergelig rau weiße Knallerbsen
hängen an dem strauch. der weg ist
zu steil um ihn mit inlinern herunter
zu fahren man müsste sich auf der wiese
abrollen am besten sich auf die wiese werfen
und immer weiterrollen bis der ganze schwung
verbraucht ist das traue ich mich aber nicht
dann werden meine klamotten dreckig
Steffen Bach
Dieser Text erschien vor kurzem in der Anthologie Almanach im Verschlag Verlag.
freiVERS ist unser Wort zum Sonntag.
Du hast auch einen freiVERS für uns?
schreib@mosaikzeitschrift.at