freiVERS | Lütfiye Güzel

pinky Helsinki #1

der kurze weg zum bahnhof

ist
der längste weg der reise
was ich kenne

lasse ich zurück
& manchmal setze ich mich so hin
dass die stadt mich verfolgt

& manchmal setze ich mich so hin

dass ich ihr dabei zusehen kann

Lütfiye Güzel

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freiVERS | Lea Sauer

Schlaf ist eine bittere Körnung

3

Mein Kopf ist zu klein mindestens vier Quadratmeter oder Zentimeter von mir Spiegel mir von Bildflächen erscheinend als Hologramme ich nur Wetterleuchten verändert nur die Luft oder auch Nieseln auf Geländern kommt leise herein zwischen den Laken schleckt lieber nicht eure Augen voll süß-saurem Geschmack.

Lea Sauer

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freiVERS | Lea Sauer

Schlaf ist eine bittere Körnung

2

Bettkasten ein Paravent nackter Schlaf nur Schleim verbittert spätestens vier Uhr nachmittags horizontal eine Körnung im Kopf keine Luft Frische Schwüle an den Wänden an der Decke legt sich herab vor allem auf die Jochbeine drückt sich der Nachtdruck will nicht verschwinden.

Lea Sauer

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freiVERS | Lea Sauer

Schlaf ist eine bittere Körnung

1

Hämmert Körper an Scheiben eine Furche zwischen Hitze oder Brocken Langeweile ausufernd aufgeworfen überall Fliegen auf dem Sehloch schwarz Schweiß in den Ellenbeugen brennt mir grell auf die Iris ein Bild ist eine Höhle zum Fallen darauf färbe ich Haare in Aubergine als Farbe erkennen kann ich mich nur vorgestellt zwischen Geräusch Temperatur in Dehnung Tropfen am Arm.

Lea Sauer

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freiVERS | Safak Saricicek

kleiner abriss

1

eine zange aus stahl schmettert durch die wände der wohnung
durch die stützen

und von einer plattform spritzt ein bauarbeiter wasser
in die neuen wunden im betongehäuse, damit kein staub aufwirbelt

jedes hineinschmettern der stählernen greifer lässt beton
brocken, eisenstangen, die zwanzig oder so stockwerke der abzureißenden wohnung
hinunterstürzen

von hier, in der straßenbahn, im vorbeifahren sieht es aus wie
als ob ein gigantischer skorpion ein gigantisches haus aus sand attackiert

wenn die brocken herunterstürzen, scheinen sie aus der ferne
aus der etage zu tröpfeln, als wäre das haus ein riese, der sich zum schlafen gelegt

hatte, von den jahren ausgedörrt das aufwachen vergaß,
dessen überbleibsel es jetzt aufzuräumen gilt.

 

2

„ein abstruses bild“ , wirst du vielleicht sagen,
werte frau, die über mich gestolpert ist, als nutznießerin oberflächlicher affären

 

3

dieses haus ist die erinnerung an dich,
die es abzumontieren gilt, die maschine des abrisses ist die zeit, der wasserschlauch
- das erbarmen mit sich selbst

und auch wenn das haus, der gedanke an die zeit mit dir
entfernt ist, wird es immer wieder stehen, in meinem träumen, die träume abreißen:
das kann ich nicht.

Safak Saricicek

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freiVERS | Anne Büttner

Carrera

Bemüht, ihr zu gefallen,
gefiel ich besser als bemüht.
Bis du mich ihr schließlich überlassen hast;
Mich abgeschoben hast an sie.
Dorthin, wo ich nie sein wollte:
weg von dir.
Keine Chance zu schlingern oder anzuecken;
keine Hoffnung auf Disqualifikation.
Wie auch? Du hattest vorgesorgt:
Mich erst, als die Kurven begradigt,
die Unebenheiten beseitigt waren,
in ihre eingefahrene Spur gesetzt,
die mich sogleich erbarmungslos hielt;
mich des Vergnügens beraubte,
aus der Bahn zu schleudern.
Kein Gegenverkehr, keine Hindernisse,
kein Ende, kein Du in Sicht.
Dich hast du aus dem Rennen genommen -
Motorschaden.

Anne Büttner

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freiVERS | Susanne Rzymbowski

Wie malt die Welt
in Farben sich
mit Pinsels Strich
der in Erinnrung bleibt
aus einer Hand
die unverzagt
im Greifen puren Seins
das losgelöst
von Sinn und Wort
der Freiheit ist entstammt
so schön der Akt
des glücklich seins
als Kind bist du geboren

Susanne Rzymbowski

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freiVERS | Viktor Dallmann

jetzt staunst du

viel zu viele trapeze sind dächer jetzt resurrected
die gesichter als abteilung einer schwäche haben
für landmaschinen tiefkobalt das klebende endgültige
scheitern von hosentaschen

paragraphen berühren wie mal geliebte kinder
mein bienenschwarm ein bloßes lager für schalen
windstille calm and tasty wipfeln wir auf drei
die bäume können noch lernen wir steigen
trapeze über das spechtgebiet weil es
so geil bröselt eine schwebezeit eine
letzte wendung unter dem mond
deines löwenanteils

Viktor Dallmann

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freiVERS | Matthias Engels

durch die wand

du sagst: Herrgottnochmal
der sommer war sehr klein
und der herbst nicht mehr
lassen wir den winter nicht rein
und hoffen dass er draußen
nichts anstellt

du sagst man sieht
der dunkelheit nicht ihr alter an
und keiner kennt den namen
den der schwarze vogel gerade tanzt
du knipst den raum aus
um uns
die bäume die häuser
das rauschen

du sagst: ich bin ein freies land
klickst den wässrigen mond weg
und jeden einzelnen
immer wieder aufpoppenden stern
wir kippen das mondtrübe wasser weg
und trinken schwarzen wein
blinkenden blickes steht
mein sehkrankes auge
auf stand by

du sagst:
dein traum muss durch die wand
durch das loch das geformt ist
wie die wirklichkeit du sagst:
die besten gedichte sind immer jene
die man sofort wieder vergessen kann

Matthias Engels

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freiVERS | Marlene Gölz

es fließt 

alles zusammen 

genommen

sind die 

archive des selbst

eine inbesitznahme

einzelner aspekte

von punk

Marlene Gölz

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