freiVERS | Yasmin Sibai
orientieren I kein aufwachen sondern eher ein herausfallen aus REMphasen // rausgefadetes träumen // ein herunterdimmen // abschwellen synchron mit dem ausdünnen der dunkelheit // herausgleiten aus schichten //
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freiVERS | Sabine Rothemann
Irgendwo Irgendwohin
Wir sind da.
Hier sind wir.
Im Spiegel ein Anderer.
Andere.
Im Irgendwo. Dort.
Irgendwo gehen sie hin.
Irgendwo kommen sie an.
Nie jemals war jemand nirgendwo.
Ich sehe sie nirgends.
Nirgends sehe ich sie.
Nicht hier, nicht da.
Sie stehen vor Zäunen.
Sie warten.
Sie überwinden Stacheln und Mauern.
Sie sind drinnen.
Sie sind draußen.
Da und dort.
Zum Bleiben bereit,
bereit zum Laufen davon
Da und dort.
Im Spiegel ein Da von Irgendwo.
Das Dort ein Spiegel von einem Ort.
Irgendwohin gehen sie.
Irgendwo nebenan leben sie.
Nicht im Nirgendwo.
Auch nicht jemals.
Sie sind.
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freiVERS | Mina Herz
ich stehe fest
eine weide will
ich sein und
trauer tragen
ich stehe fest
nimm jedes
werkzeug
das du findest
häute mich
zeichne mich
entstelle mich
ich stehe fest
eine weide will
ich sein und
trauer tragen
jede wunde auf
meiner rinde
jeder dunkle saft
den du vergießt
jeder gebrochene ast
in deiner hand
alles
an zer
störung
bist du selbst
denn
ich
stehe
fest
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freiVERS | Marie Sophie Römer
Bis das Vergehen bleibt
die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
bis das vergehen bleibt
special films
i’m going mentally ill
neoliberal hell
glee moments i'll still be thinking about when i'm 60
gaza death toll hits 37,900
donna tartt interview
tradwife
is the far right gay friendly now?
incel baiting
hopecore
obama is not my hero, i'm a socialist
die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
bis das vergehen bleibt
supreme court rules trump immune from prosecution
i'm everywhere i'm so julia
jacob elordi in saltburn
subtle ways my stepdad groomed me
hannah horvath being the voice of her generation
kamala is brat
how antisemetic are pro palestine protests
hot rodent boyfriend
die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
bis das vergehen bleibt
genz z too lazy to work
israel fears the very existence of palestine
how do you get pussy?
this election is so joever
ikea haul extreme edition
spongebob moments that were surprisingly communist
pussy from abortion ban
cringecore
pussy from 4b movement
donald trump is president
i'm so eepy
die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
und die hundejahre vergehen
bis das vergehen bleibt
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freiVERS | Christina König
ich freu mich so für dich
die worte wachsen aus deinem mund wie
blumen in pink und senfgelb
sie krabbeln kriechen kitzeln über deine lippen
entfalten sich mit allem was sie
zur fortpflanzung brauchen
narbe griffel fruchtknoten
und hängen dir aus den mundwinkeln
und alle sagen schau wie hübsch
du streichst dir die haare zurück und die
efeuranken rascheln unter deinen fingern
du rupfst und zupfst und reißt sie aus und
machst ein extrakt daraus und
schmierst es über alle deine worte
wenn du es richtig gemacht hast dann
heilt es und
wenn nicht dann
ist es gift
aber nur für dich
knorrend kratzt du dir die adern auf und das
harz tropft wie hässlicher honig über deine haut
fängt die fremden triumphe ein und
sperrt sie in bernstein bevor sie
in deinen blutkreislauf dringen
dort trägst du sie wie schmuckstücke aus
prähistorischen zeiten und hoffst dass sie
brechen und bröckeln und
von deinem körper verschwinden bevor
jemand sieht dass sie
nicht dir gehören
die anderen wässern deine blüten bestäuben und
befruchten sie und
streuen die nächsten samen
ihr lachen liefert sonnenlicht
ihre worte atmen kohlendioxid und
die keimlinge winden sich um deine zunge
ich freu mich so für dich sagst du
und die nächsten blumen quetschen sich an deinen
zähnen vorbei
alpenveilchen und amaryllis
du duftest wie der garten eden
nach dem sündenfall
ranken schlängeln sich durch deine adern und ihre
dornen brechen aus dir heraus wie felsnadeln
schneiden dir waffen an die haut an denen du
dich selbst schneidest
alle bewundern deine blüten und du
bist das unkrautjäten müde das
düngen stutzen mulchen rechen
damit du nicht untergehst in deiner
blütenpracht und die
blätter dir nicht die lunge verstopfen
inzwischen erkennst du die fleischfressenden pflanzen hast
venusfliegenfalle und sonnenkraut identifziert und
reißt dir die wurzeln aus auch wenn sich
dann alles entzündet
deine adern schimmern grünlich durch die
verbrannte haut du kriegst
zu viel sonnenlicht ab aber deine
pflanzen wollen gedeihen
du verdeckst die bienenstiche mit
einem vorhang aus laub und
tupfst blut und eiter und pflanzensaft ab
aloe vera wächst dir noch nicht
die ränder der blüten rollen sich ein wie der
rote teppich nach der premiere
braun kräuselt sich das grün es
färbt sich braun und erbricht sich
vor deinen füßen
du gehst über blumenleichen und
hinterlässt welke fetzen
deine borken vertrocknen verblassen vereisen
es ist winter und du wirst
grau und kahl und
schließlich
stirbst du ab
deine knollen speichern nichts
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freiVERS | Christine Johanna Seidensticker
Heimat
Die Zeit sickert in das Land, sickert mitten in die brüchigen
Knochen. Jetzt markieren Herzschrittmacher
die Territorien, beschwören mit ihren elektrischen Impulsen
den Takt des Landes, stimulieren
das zu langsame Herz.
Als Kind wusstest du die Namen aller Tiere, kanntest
ihre geheimen Wege, ihr Einfluggebiet. Manchmal
warfst du den Nachbarshühnern Mutters geköpfte Regenwürmer
über den Zaun, schautest nach dem aufgeregten
Gackern, ihrem Flügelschlag. Jetzt meinst du, ihn in deinem Herz
zu spüren, in deinen flatterhaften Augen
beim Niederschlag. Abgründe
tun sich dir auf beim Schmieren des Brots, beim Lösen
eines Kreuzworträtsels. Die Seiten verblassen in deinen Händen.
Die Stube scheint immerzu kühl, die vielen Stühle, Tassen und Teller
braucht es nicht mehr, sie sind nunmehr Requisiten
deiner Einsamkeit. Ein kleines Gerät hält Kontakt zum Herz.
Christine Johanna Seidensticker
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freiVERS | Lisa Spoeri
diese tage
ich wache
einem schlaf nach
trauernd
tausendjähriger einsamer
von dem wir träumten
es war
ein-, zweimal
zwischen rauschen und
schäumen
den salzkronen
zwischen sand
und zehen
spitzen deine träume
vor vielen jahren
hier verunglückt
vor vielen jahren
ich war
ein-, zweimal
zwischen toben und donner und
du warst
eine
idee in meiner magengrube
faustgroß dort
wo ich den uterus
versehentlich verortete
du warst
zwei
sich entfernende beine
zwischen dem zischen und flüstern
der sandkörner
und eine weitere
in wellen
kommen und gehende gelegenheit
für eine
verpasste heimat
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freiVERS | Nicole Prosser
Stundenlose Tage
Dein taunasser Blick:
die Pupille umzingelt
von Weltmeeren
Deine blinden Hände
übersehen das Eigentliche
ertasten die Leere
die entsteht
morgens neben dem Theatercafé
stolperst du rücklings –
Und die Möwen –
Der Sommer an der Drau
glänzt noch
in deinen Augen
während du
das Herbstlaub stapelst
wie ein Kind, das
die Stunden nicht zählt
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freiVERS | Sigune Schnabel
Geordnete Rechtecke sind die Zimmer
Ich stutze Gedanken
auf die gesellschaftsübliche Länge.
Herumtreiber bin ich
gewesen, an Träume gelehnt
bei Dunkelheit.
Gierig gieße ich Nachtworte ein
bis zum Mond
und leere sie leise.
Ich nehme mich zurück.
Wem habe ich mich gegeben.
Nebenan höre ich es:
das gekachelte Leben.
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freiVERS | Susanne Gurschler
Ein Abend
Für Iryna
Deine Worte bauen Brücken zu einem Kontinent
geschrumpft auf einen Streifen
Sätze fallen in meine Hände federleicht
verflüssigen sie sich wie Pinselstriche im Wasser
kritzle Wörter auf weiße Stellen
schnell krakelig
tags darauf kaum zu entziffern
wortlos eingeschrieben
Erinnerungen an einen lauen Abend
an klingende Gläser an Babycalamari
die Holzperlenkette zwischen deinen Fingern
das Lachen
trotz allem
von einem Punkt aus neue Felder erforschen
wäre ein Anfang
sagst du
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