freiVERS | Martina Onyegbula
Inkompatibel
jäh Resonazkerne in Zorneshitze gepalten
schongleich zäh Bittersubstanzen erkalten
Herzkarambolagen so unzählige Überstanden
dazwischen weiter Vakuumzellen erschaffen
Siedepunktüberschreitungen wir kondensieren
konstant uns Haut und Herzschichten erodieren
Evolutionsellipsen durch die Jahresquadranten
im Zwölferrhythmus Restsymmetrien entschwanden
chronische Auflösung jedweder Lebenskonvergenzen
launenhaft bleiben affektive Turbulenztendenzen
verflüchtigt und am Nullpunkt aller Wendepunkttoleranzen
wir letztlich doch inkompatible Herzseelensubstanzend
Martina Onyegbula
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freiVERS | Sabine Schönfellner
IMPONIEREN. Wir führen uns doch beide auf wie blöde Paviane, sage ich, werfen unsere Wissensfetzen wie Blätter vor einander in die Luft und hüpfen in unseren Worthülsen auf und ab. Aber nein, sagst du und legst deinen Kopf auf meine Schulter, außerdem machen das, glaube ich, Gorillas.
Sabine Schönfellner
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freiVERS | Carlos Peter Reinelt
Klopf a dr Himmelstür
Mama, niesch as Märkle vu mia ahe,
i kas nüm gabrucha,
S'wiad dunkl, z'dunkl zum seacha,
Mia isch, als ob i adr Himmlstüar klopf.
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Mama, tua dia Pischtol ufn Boda,
i ka se nüm daschüßa
Do kut a lange, schwarze Wolke aha,
Mia isch, als ob i adr Himmlstüar klopf.
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Klopf, klopf, klopf a dr Himmlstüar
Carlos Peter Reinelt
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freiVERS | Maja Loewe
Ich wäre gern ein Paar
Schuhe, die nicht
an meine Füße passen
Zwischen den alten
Gewohnheiten im Flur
trüge ich den Sand
von Sehnsuchtswegen
und meine Häute
wären rau und reich
Nachts raunten
mir die Dielen Geschichten
Und tags, da ginge ich fort
Maja Loewe
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freiVERS | Christoph S. Eberle
Fühlt ihr mit Augen? Alles ist Fenster
Das euer Sinnensurium Erreichte
Zeichen matt, mächtig, Spuk liebend wie Gespenster
Lamelllippen schnippen Schwüre, schicken Beichte seichte
Und das Wort ist Schaun, beginnt am Stamme gern zu sterben
Was wäre, könnt’ es wählen seine Erben
Ein Schatz wird verpfändet
Aus dem Brunnen steigt das Kinde
Dass Verborgenes dich finde,
dies nenne ich Empfinden, derweil
vollendet ist, wenn sich wendet
keine Wahrheit mehr in ihr Gegenteil
Christoph S. Eberle
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freiVERS | Sebastian Hage-Packhäuser
Fundstücke
– // : die Sprache zieht / beim Reden Fäden – /
( : die Silben brechen / ohne Grund – ) /
: der Satzbau reibt / sich an den Schäden – /
: seine starre Syntax wund – /
: & als die letzten Bänder reißen – /
: angeln schwache / Stimmen noch – /
: nach Fundstücken – / ( : & schließlich beißen
die angespülten Worte doch – )
Sebastian Hage-Packhäuser
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freiVERS | Werner Weimar-Mazur
boğaz
wir standen am ufer des bosporus
und blickten hinüber
in das gespiegelte land
dort aßen sie honig und tranken galle
leoparden säumten das ufer
autos hupten und Şirin winkte
einem albatros nach
der schatten seines flügels
streifte ihr gesicht
das wasser sang
und in den wellen verhallte
schüsse aus einem fernen gebirge
schnee fiel
Werner Weimar-Mazur
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freiVERS | Angelica Seithe
Aufbruch der Stare
Als rühre man durch einen Korb
mit Körnern
und Spelzen flögen auf
Bis prasselnd sich der Baum entlaubt
Ein Netz aus Vögeln kreist
und fängt die Krone wieder ein
Noch dieses eine Mal
Dann ziehen sie fort
Das Jahr wird alt
In unsern Augen
sammeln sich die Stare
Graue Tücher zwischen
dir und mir
Lass uns nach Süden schlafen
Lass uns einfallen
in die Verästelungen großer Ruhe
auf besonnten Plätzen
zwischen Haut und Meer
Angelica Seithe
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freiVERS | Natascha Huber
Wenn du von Metren sprichst...
Meine Hand auf eine Antwort reduziert, das Durch-
schimmern einer Bewegung, die Finger nackt, dem
Abzählreim die Unschuld vom Leib
gerissen: So sortiere ich den Abend
vor deinem Blick. Ein Messer
rutscht über den Tisch und du schneidest Alles
in Form, bevor du es aussprichst. Der Winkel deines
Mundes ein deutlicher Buchstabe, ein Miss-
verständnis, das sich fassen lässt. Da ist eine wunde
Stelle zwischen uns, ein Semikolon.
Natascha Huber
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freiVERS | Marina Büttner
Ich baue ein haus aus licht
Ich baue ein haus aus licht
inmitten von hauptverkehrsstraßen
ich bringe sterne mit & luft
ich bringe sprache in alle
stockwerke – stiegenhausblues
rauhfaserfarbene worte schlag
ich aus unverputzten wänden
ich verstehe längst nicht genug
vom handwerk, ich sammle
backsteine auf abraumhalden
berge von schutt und metall
ziehe worte magnetisch an
kleide sie ein – ein taufkleid
sollen sie tragen & und namen
die noch keiner kennt
ich baue ein haus, ich öffne türen
licht fällt herein & am boden
spuren von anziehungskraft
ich klaube die hellen klaren heraus
alles spricht und springt mir bei
Marina Büttner
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