freiVERS | Angelo Wemmje
Nachdem Beifall
Eine vollkommene Reduktion
tritt auf die Bühne und
präsentiert ihre Immanenz, die
das Publikum verlor in den
überschwänglichen Bewegungen
ihrer Leben:
Das Stillleben – ein
fixierter Moment
aus dem alles entwächst, auch
die Zappelein der Gäste
und Zuschauer – eine
scharfe Illusion, die
der Maler entpuppt mit
einfachen Strichen,
die, nachdem streichen
in Ewigkeit ruhen
zu Ehren dem Werk, so
wie das Klatschen der Leute
nachdem Beifall.
Angelo Wemmje
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freiVERS | Lütfiye Güzel
freiheit & fabrik
aus den falschen gründen
desto falscher werden die gründe
von außen kommt nix
und am ende
ensteht dann
so was hier
Lütfiye Güzel
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freiVERS | Barbara Zoschke
Veränderung II
Ich werde die auftragen.
Sind die, die sauberputzen.
Gebe ich darüber.
Das ist eine, die wächst, enthält, was unterstützt.
Die wird genährt und gereinigt.
Der beruhigt die, die hat vom Fahrtwind.
Ich rühre, sie enthält.
Das sind die.
Sich mit den verbinden?
Das ist, die dafür sorgt, die produziert.
Und die gebe ich hinein,
nennt sie die, die symbolisieren.
Gebe ich nämlich und hinzu.
Das ist das der und die, die stärken.
Erhält die und eine an.
Das braucht die, weil hochfährt.
Im Frühling gibt die ab,
wie eine, die sich häutet,
wie die, die aufblüht und kommt.
Barbara Zoschke
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freiVERS | Jonas Linnebank
ausfall automatik
zum glück muss man sagen
und wie glücklich es sich fügt
schritt für schritt
schritt dem schritt voraus
DEM (deutsche einheitsmarke)
dativ horchen horen
hurchen furchen
fürchten mürchen
märchen lärchen?
genitiv!
nur kurz hin
plus ein ding
dann wieder raus
blende weg zack
wen interessiert warum
ätschibätsch
akkusativ
aber warum
warum eigentlich
warum sitzt du hier
warum hast du das getan
sie getan
komm schon nominativ
kommt nix –
die domina rief
"dumm
einfach dumm"
geschrieben
horchen verblieben
hurchen
vertrieben
hurchen
wo bist du geblieben
ja aber wer denn
ein fall
das glück ist durch
nächster gang
autormatik
Jonas Linnebank
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freiVERS | Sebastian Hage-Packhäuser
Satzzeichen
– // : auf einmal –: Licht – / ( : die Farben regen – /
: sich unter grauen Schleiern – / : schlapp – /
: & mischen sich – / : heben sich gegen
die aufgetrennten Schatten ab – ) /
: die Sonne bricht – / : durch alle Schichten – /
: & leuchtet alles – / : en passant – /
: durchdringend aus – / : ein Spiel von schlichten
Spiegelungen – / ( : ein Pendant – /
: zu dunklen / aufgebrauchten Welten – ) /
: stellt sich / übergangslos ein – /
: Worte fallen – / : dort nur selten – /
( : wer spricht – / : der spricht / mit sich allein – ) /
: doch kaum im Licht – / : paart sich die Sprache – /
: mit tropenfeuchten Zungen wund – /
: & wie aus einer Trance erwache
ich – / : mit Satzzeichen im Mund –
Sebastian Hage-Packhäuser
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freiVERS | Maja Loewe
SpiegelZeit
Erste Töne rauschen aus dem Gefieder eines Traums
Der sich vom stillen glasigen Grund erhebt, um das
Blinde Silber meiner Erinnerung ins Hell zu tragen
Seelenvogel, der in meinen Kopf/Raum einfällt
Mit wildem Flügelschlag; In meiner Kopfklangschale
Die Uhrzeittiere aus den Ecken treibt; Zeigerlose
Fraktale im Traumzeittiegel
Mäander des
Ich
Maja Loewe
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freiVERS | Anke Glasmacher
Der Preis
keine blühenden landschaften
die wurzeln braun
ihre namen hatte ich schon vergessen
bevor ich bezahlte
das auge in den staub geworfen
die stengel verfault
Anke Glasmacher
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freiVERS | Karl Stephan
Der Fenstersturz
Als P. sich aus dem Fenster stürzte geschah dies lang und wohl durchdacht
Drum schien auch, außer den Passanten, niemand so wirklich überrascht
„Nun, irgendwie war´s zu erwarten“, sagte man in der Nachbarschaft
„Ich fand sie immer etwas seltsam“, meinte Frau M. aus Stockwerk Acht
Begleitet von verstohlenen Blicken wurde P.s Leichnam weggebracht
Man sah hinab von den Balkonen, betroffen guckend, doch gefasst
„Sie hatte es nicht leicht, die Arme und so zu sterben – ekelhaft!“
Dann ging ein jeder weiterleben und was man eben sonst noch macht.
Karl Stephan
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freiVERS | Nora Sauer
Ohne Titel
Ich habe die Sonne gesehen
als es noch hell war.
Du hast die Katzen beschrieben.
Ich die Hunde.
Du fragst mich ob ich glücklich sei.
Ich betrachte die Türen deines Systems.
Ich habe durchgeschaut , mich hinter Vorhängen versteckt.
Du hast mich gefragt : Wie es so wäre mit der Sonne ?
Ich habe geantwortet : Es wechselt.
Und das Ende fragst du mich ?
Steht offen , Blau soll es werden sagst du und hältst vorsichtig meine Hand.
Nora Sauer
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freiVERS | Beate Ronacher
Never learn
not to love
Allerdings,
welche
Rolle spielt
die Einsamkeit
schon
heute
Beate Ronacher
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