mosaik-Lesereise, die dritte
Von Berlin nach Köln, von Frankfurt nach Erfurt. mosaik is on the road again!
Nach der famosen Reise durch Bayern 2015 und der ausgedehnten Tour durch Deutschland 2016 begeben wir uns erneut auf Roadtrip und packen Autorinnen und Autoren ein, um mit Ihnen den Westen, Osten und das Zentrum Deutschlands zu erobern: vom Literatur-Wohnzimmer zur Lesereihe, vom Kulturcafé zum Vernetzungstreffen - und gleich drei neue Bücher haben wir mit im Gepäck!
Berlin
Mi, 15.2., 20:00 - Idealismus und Kulturpräkariat
Lettrètage (Mehringdamm 61)
Wir beginnen gleich mit einem Paukenschlag: gemeinsam mit Vertretern junger Berliner Literaturinititativen diskutieren wir über die Gegenwart und Zukunft eben dieser jungen Szene. Wie sieht die junge, zeitgenössische Literaturpräsentation aus? Welche Personen stehen dahinter? Und wird das eine zeitlich begrenzte Randerscheinung, eine Subkultur, bleiben – oder bildet sich hier bereits die Literaturszene der Zukunft?
- Malte Abraham (Kabeljau und Dorsch)
- Max Czollek (Babelsprech)
- Jo Frank (Verlagshaus Berlin)
- Anneke Lubkowitz (Sachen mit Woertern)
- Saskia Trebing (54stories)
Lesungen von:
Sei dabei...
Köln
Do, 16.2., 20:00 - Land in Sicht
Café Fleur (Lindenstr. 10)
Yeah! Zu Gast bei der legendären Kölner Lesereihe! Alke Stachler präsentiert die brandneue dritte Auflage ihres Erstlings dünner ort, Sven Heuchert liest aus Zweifel zwischen Zwieback
Sei dabei...
Frankfurt
Fr, 17.2, 18:00, Salon Fluchtentier - Undercover
Elfer Music Club (Klappergasse 5)
u.a. mit:
Sei dabei...
Erfurt
Sa, 18.2., 20:00, watch us grow
Frau Korte (Magdeburger Allee 179)
Vier Erfurter Kulturinitiativen lassen Autoren für sich sprechen. Ein Abend mit Lesungen, Musik und Performances, die zeigen, wie vielfältig und lebendig die freie Kulturszene in der Landeshauptstadt Thüringens ist. Mit dabei sind Literaturfestival Erfurt, In guter Nachbarschaft, HANT - Magazin für Fotografie und hEFt - Magazin für Literatur, Stadt und Alltag. Und wir. *wink*
u.a. mit:
Dem aufmerksamen Leser mag aufgefallen sein: Auf dem Tourplakat finden sich keine Logos von Fördergebern. Diese Reise findet außerhalb der Jahresförderung des mosaik statt und wird teilweise von den Gastgebern (Köln, Erfurt), teilweise privat (Berlin, Frankfurt) finanziert. Ein herzliches Danke an alle!-
freiTEXT | Saskia Trebing
Attraktive Menschen in klimatisierten Räumen
working next to artworks I
Es ist nicht einfach, sich zu konzentrieren, wenn sich im Nebenraum zwei Frauen intimrasieren. Da ist eine Wand dazwischen und da ist das Murmeln der Klimaanlage, aber da ist trotzdem dieses Geräusch; dieses Gekratze und Geschabe auf trockener Haut. Das kratzt und schabt am Gehirn bis eine Frau aufschreit – geschnitten – und das Ganze wieder von vorne losgeht.
Bei all dem Gehirnschaben kann einem schonmal was durchrutschen. Da kann man lächelnd am Frontdesk sitzen und in ein Macbook starren und nicht merken, dass irgendwas anders ist.
„Dass da ein Werk nicht an ist“, sagt ein Besucher mit Kinnbart und Presseausweis. „Das muss Ihnen doch auffallen, wenn Sie hier sitzen.“
Der Mann mit Presseausweis würde eh nichts kaufen. Aber recht hat er, da fehlt was. Da ist im Nebenraum ein Bildschirm schwarz, der nicht schwarz sein sollte. Wo ein Gesicht sein sollte. Natürlich. Und eine Stimme. Zuerst eine Stimme aus dem Off. „Roooo-lling!“ sollte die Stimme rufen. Eine warme Stimme, die Silben ausgerollt und kullernd. Dann sollte das Gesicht in Aktion treten. Das Gesicht sollte nach vorn schnellen und zu schreien beginnen. „Shoot!“ schreit das Gesicht. Immer wieder. „Shoot! Shoot!“ Ein Rhythmus mit Kopfnicken und Speichelspritzern.
Aber jetzt passiert gar nichts. Jetzt müsste man was tun. Aber was? Der Stecker ist drin, der Fernseher ist an, der Computer ist verbunden und der Galerist ist heute für niemanden zu sprechen.
Es ist nur Lief im Haus, aber Lief putzt die Toiletten.
„Lief?“ Es ist zumindest einen Versuch wert.
„Hier“, ruft Lief aus dem Herrenklo.
„Die Arbeit von Frida ist kaputt.“
Liefs Kopf zeigt sich im Türrahmen. „Ok“, sagt der Kopf. Dann verschwindet er wieder.
Einen Moment ist es ruhig, nur die Frauen kratzen und schaben.
Dann Liefs Stimme aus dem Herrenklo: „Roooo-lling!“
Die Pause ist zu lang, ein Zögern, das da nicht hingehört. Aber dann: was solls, den Pressetext können sie sich wohl alleine nehmen.
Kopf in den Nacken, Luft geholt und „Shoot! Shoot!“ im richtigen Rhythmus. Am Anfang noch verhalten, aber nach zehn Minuten tropft die Spucke vom Kinn. Nach zehn Minuten ist Lief wieder dran.
Ein Herr im Anzug schafft es nicht mal bis zum Pressetext. Er lugt um die Ecke, Roooo-lling! … Shoot! Shoot!, und stolpert rückwärts aus dem Raum. Den kennt man, den Anzug, der kauft hier manchmal. Der kriegt die Tür nicht auf, die klemmt, und schaut panisch zum leeren Empfangstresen. Da sitzt sonst immer die lächelnde Frau.
Saskia Trebing
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