10 | blumenleere

relativ spaet doch noch eltern geworden

der wunsch zog sich durch turbulente jahre
zwischen reisen & frust arbeit selbsterfahrung
wohinter langsam meine komplexe erloschen
aber keine chance ihn real werden zu lassen
kein mensch der bereit dazu gewesen waere
bis ploetzlich nach dem zenit des erbluehens
eine alles veraendernde begegnung liebe halt
die karten neu mischend das leben umformte
gerade als unmerklich schon mein rueckzug
einsetzte & ich mehr & mehr begann eigene
einstmals beschrittene wege zu reflektieren
statt andre zu erfinden & dadurch zu finden
ja genau & nun wohnen wir zwei zusammen
mit ebenso vielen aeuszerst jungen kindern
das groeszte uns vorstellbare glueck welches
allerdings zugleich saemtliche unsrer nischen
fuer ruhe sowie akkumulierte zeitraubende
leidenschaften hobbies faulenzen dezimiert
o tagtaeglich konstatieren wir ein schwinden
unsrer kraefte & blicken durchaus mit furcht
gen zukunft werden wir es wirklich schaffen
ihnen zaertlich & stabil hilfestellung rueckhalt
& auch einfach zahllose schoene erinnerungen
zu ermoeglichen oder lasten wir ihnen buerden
auf hindernisse & tiefergehende verletzungen
narben denen sie irgendwann dann erwachsen
ohne ihre schuld rechenschaft zu tragen haben
sicher only time will tell vorweg jedenfalls
nutzen wir das angebot kultureller erguesse
& feiern innen halb blosz ueberzeugt auszen
die maske der verstellung ihretwegen zeigend
was die sozialen ueblichkeiten uns massenhaft
einfloeszen in der hoffnung solche tradierten
gefaengnisse & zwaenge zumindest huebsch
genug auszuschmuecken dass sie sie vielleicht
eine geraume weile lang fuer freiheit halten

 

blumenleere

 

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9 | POEDU: Jonne & Karline Schlumperbein

Jonnes Wunschgedicht für Nono

...
Ich wünschte, ich hätte eine Torte.
Ich wünschte, es wäre Omas Nusstorte.
Ich wünschte, ich wäre so klein, dass ich durch ein Schlüsselloch schlüpfen kann.
Ich wünschte, ich wär so groß, dass ich gegen den Wolkenpalast stoßen kann.
Ich wünschte, ich könnte fliegen.
Ich wünschte, ich hätte eine Rüstung, mit der ich durch Lava tauchen kann.
Ich wünschte, dass alle Menschen das können, was ich kann.
...

 

Jonne, 5 Jahre alt

***

 

Der Wunschzettel

Ich wünschte, ich könnte mir alles kaufen, was ich will.
Ich wünschte, die Werbung wäre für immer still.
Ich wünschte, ich könnte mich teleportieren.
Ich wünschte, ich würde niemals verlieren.
Ich wünschte, die Welt wäre ohne Plastik.
(Das wär' fantastic!)
Ich wünschte, ich könnte ein Jahr im Swimming Pool bleiben
und jeden Tag einen Wunschzettel schreiben.
Ich wünschte, ich hätte ein eigenes KINO!
Ich wünschte, ich hätte ´nen handzahmen Dino.
Ich wünschte, es gäb keine Kriege.
Ich wünschte, dass ich fliege.

 

Karline Schlumperbein, fast 8 Jahre alt

***

 

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Dieser Impuls kam von Anke Bastrop:

Poesie und Wünschen sind fest miteinander verbunden, und zwar das ganze Jahr lang. Genau genommen kennt das poetische Wünschen keinen Raum und keine Zeit, keine Bedingungen und keine Grenzen. Stellt euch also vor, euer Wünschen wäre ganz frei. Alles, einfach alles dürft ihr sagen … natürlich auch eure Herzensdingwünsche – alles ist erlaubt ...

 

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8 | Sigune Schnabel

Aufbegehren

Ich schreibe ein Gedicht aus Stille
und aus Schlaf.
Den Herbst leg ich hinein
und letztes Grün.

Durch mein Zimmer geht der Winter.
Schnee fällt auf den Teppich
und Wind fegt in die Küche.

Ich bin das Haus.
Der Herbst ist schon vorbei.
In meiner Kammer schlägt ein Herz
die Nacht entzwei.

 

Sigune Schnabel

 

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6 | Martin Peichl

der Trost offener Fenster

heute ist ein Flugzeug in den Wolken verschwunden
und nicht wieder aufgetaucht, sagen wir: verschollen

heute hat sich der Gehsteig in ein Förderband verwandelt
hat Passanten in entlegene Ecken der Stadt transportiert

heute haben sich zwei Balkone ineinander verliebt
und ihre Häuser überredet, ein Stück näher zu rücken

heute haben die Bäume ihre Blätter zurückgefordert
selbst die modrigen, die braunen, die zerbröselten

heute ist ein Bus gestrandet, wie ein Wal, ist auf die Seite gekippt
neben einem Springbrunnen gelegen und hat gehupt

heute haben die Sirenen der Krankenwägen nach Musik geklungen
wie gemacht für den ersten, für den letzten Tanz auf einer Hochzeit

heute sind alle Schneekugeln in der Stadt gleichzeitig explodiert
als Erinnerung, dass Leben auch Sterben, mehr ist als nur Warten

heute waren die Dachrinnen traurig und weich
wenn wir sie angegriffen hätten: wir hätten Trost gefunden

 

Martin Peichl

 

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4 | Andreas Mayer

hof

ein fenster hinaus
in aussichtslosigkeit
kinder falten das grau
zu fliegern die flüstern
einmal
soll alles anders werden
auf balkonen
schwenken ausgewischte ihre gesichter
weiße laken vor dem leben
hinter scheiben
starren erstarrte
harte blicke in blöcken
aus eis
leis falten sich ins schicksal
fraktale
bis die vorhersehung
tauwetter spricht

 

Andreas Mayer

 

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2 | POEDU: Ari – Maurits – Stine

Die Wunschliste

 

Ich wünschte, ich könnte jede Sprache sprechen
Ich wünschte, dass ich alles außer nichts mache
Ich wünschte, nie mehr in die Schule zu müssen
Ich wünschte, dass ich nie im Leben egoistisch bin
Ich wünschte, dass ich mich nie verletze
Ich wünschte, dass ich keine Angst mehr vor Hunden habe
Ich wünschte, dass wir nie Hausaufgaben machen müssen

 

Ari, 6 Jahre alt

***

 

Ich wünschte, es gäbe eine Zeitmaschine.
Ich wünschte, ich hätte alle guten Bücher.
Ich wünschte, niemand beginge Straftaten.
Ich wünschte, es ließe sich alles ohne Geld regeln.
Ich wünschte, es gäbe eine mathematische Formelsprache, mit der man bei einem Streit einfach ausrechnen könnte, wer recht hat. (Davon hat bereits ein früherer Denker namens Leibniz geträumt.)
Ich wünschte, ich könnte bis Unendlich zählen.
Ich wünschte, ich wüsste alles Lernbare.

 

Maurits, 9 Jahre alt

***

 

Ich wünschte, es würde schneien.
Ich wünschte, wir bauten dann Schneefiguren.
Ich wünschte, ich könnte einen Schneeengel machen.
Ich wünschte, wir könnten Oma und Opa an Weihnachten sehen.
Ich wünschte, ich könnte meine Freunde treffen.
Ich wünschte, dass die beiden Schmetterlinge in unserer Kammer den Winter überlebten.
Ich wünschte, wir blieben alle gesund.

 

Stine, 12 Jahre alt

***

 

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1 | Susanne Gurschler

Lichter Schauer

Ins Unbestimmte des ersten Tages geschnitten
überall Zeichen – später
Zottelhund, der um die Ecke huscht
blonde Zöpfe die Steinstiege hinauf
Teufelskralle und aufgescheuchte Krähen
wie Kohlestücke aus dem erkalteten Steinkreis am Bödele

Unweit davon der Steilvorhang, über dem sich Büschel
bauschen wie Leinen im Wind
der Untergrund nur Unwissenden gewiss
allen anderen längst ein freier Fall
ein Kiesel ein Stein Größeres weithin zu hören

Ein Baumstamm, dessen Finger sich ins Lose kletten
verödet unter der Sonne
ein anderer meinte sich zu retten
indem er seinen Kopf nach oben warf
nun hängt sein dürrer Leib über dem Abgrund
die Wurzeln zu Hörnern verformt oder Schlimmeres

Etwas windet sich durchs immer bewegliche Grieß
die Schwanzspitze wühlt im Berg das Maul voller Geröll
ersoffen darin Kiefern Tannen Fichten so viele
hinunter- und hinausgeschwemmtes Leben
über die Kante gestoßen ins tosende Nichts

Modrig das Haar auf der Holzbrücke dann
doch noch denken an Dante: ein Blick hinab
und sandblaues Wasser so nah
dass lichter Schauer durch die Spalten greift

 

Susanne Gurschler

 

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freiVERS | Torsten Siche

letztlich nutzlos die Kraft
in den Fingern die Melodie
klebt an den Lippen kostbar
wie Brausepulver einst
und immer übrig geblieben
als jede jeden zum Essen rief

keine Vögel kommen vorbei
trotz Herbst keine Not auf dem Spielplatz
hocken die Krähen im Sand zwischen den Fingern
zerrinnen die Krümel eine Spur hinter der Scheibe
verschwimmen die Lippen zum Sumpf
da wo einst Wärme war und Wimpernschlag

kein Igel im Laub kein Scharren
im Dickicht lauert kein Trost
von der Schaukel tropft es
Tränen zäh oder zögerlich
nichts drängt sich auf
oder will willkommen sein

kein getretener Hund streunt
vor deiner Tür klafft keine Wunde
kein Wimmern hinter der Wand
nur das Kinderlachen scheppert
im Fahrstuhl hinab

 

Torsten Siche

 

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freiVERS | Magdalena Resch

EINS

Blätter kitzeln einander
und tanzen im
Windestakt
durch den
Nebelnieselregen.
Ader für Ader.
Wie oben so unten.
So halten die vergrabenen
Wurzeln
die flatternde
Leichtigkeit
die mit einer
nadeldicken Ader
an der Starrheit des
Stammes hängt.
EINS.

 

Magdalena Resch

 

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freiVERS | Dörthe Huth

In Gesellschaft des Wassers

Du betest für Regen
in der Hoffnung
dass er singt
wie ein krächzender Vogel
während der Dürre des Sommers
im Tanz der Tropfen fühlt sich
das Leben leichter an
glaubst du
umschlossen von dumpfer Stille
halte ich das Gleichgewicht
und spiele toter Mann
mit geöffneten Augen
fixiere ich die Wolken
damit die Vorzeichen
nicht aus dem Blickfeld verschwinden
die schweren Wolken ziehen vorüber
Regen fällt nicht.

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Dörthe Huth

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