freiVERS | Eline Menke

Es sieht so leicht aus

wie die Sonne aufsteht
ohne Gähnen und Recken.

Wie sie schlafen geht in den
Langlaufspuren der Sätze

wo ich Dinge vermute, die sich
gegen die Laufrichtung stellen.

Es sieht so leicht aus, wie das
Wasser abläuft, Worte

auf dem Trockenen liegen
zurückgelassen an der

Mündung zum Satz.

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Eline Menke

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freiVERS | Sigune Schnabel

Im Meer sind Geschichten weicher als an Land

I Ursprung

In einer Maus werde ich wachsen.
Ich liege in ihrem Schoß
und rieche, wer ich bin:
Wind und Gras oder ein Tag,
der räuberisch verklingt.

Sie glauben, sie kennen mich
aus früheren Zeiten, aus Waldgebieten
und Nächten.
Ich lief durch die engen Schatten
ihrer Rufe, schlief
auf wilden Worten.

Bald werde ich ein neuer
Tag; doch verschwinden soll ich,
wo alte Geschichten
unter Zungen hausen.

Die Steine wissen vielleicht
noch von mir.

II Niemand kennt den Grund

Im Meer drehen sich die Zeiten
in die Tiefe.
Ich rieche den Atem der Steine.

Einst nahm sich der Staat Gewässer
und nannte sie sein Eigen.
Aber sie schwimmen davon
wie ich.

Überleben will ich in Wasserhöhlen.
Immer seltener möchte ich sprechen.

Am schönsten ist das Meer,
wenn es mich hält.

III Die Nacht fällt von der schwarzen Liste

In Laubwäldern heult der Wind
durch Bäume.
Kinder sprechen von Farbmustern.
Ihre Stimmen kann ich dunkel
von der Landschaft unterscheiden.

Das Leben ist schneller als ich,
überquert Flüsse und Gezeiten.

Mein Haus erzählt eine Geschichte.
Ich höre zu
und weiß nicht: Ist sie wahr?
Nie bin ich größer als ihre Worte.
Vielleicht stirbt sie vor mir aus.
Die Gräber kenne ich
und die Stille. In der Nacht
gehören alle Farben mir.

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Sigune Schnabel

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23 | POEDU: Emmy

Glitzerbonbons

Es gibt Bonbons,
die glitzern und funkeln
und sie leuchten sogar im Dunkeln.
Wenn ich sie in den Mund nehme,
schmecke ich die zarte Creme
und dann bin ich plötzlich
an einem anderen Ort.
Einmal stand ich sogar im Hort!
Manchmal ist man auch
in einem anderen Land.
Ich bin vorher immer schon gespannt!
Ihr glaubt es mir nicht?
Dann schreibt doch
euer eigenes Gedicht!

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Emmy (11 Jahre alt)

 

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Die Aufgabe kam diesmal von Sabine Schiffner:

Erstelle ein Gedicht für ein Türchen von einem Adventskalender, den Du Deiner/m besten Freund:in schenken willst. Mach ihr/ihm also ein Geschenk aus süßen Worten. Schreibe über Deine Lieblingssüßigkeit, oder denk Dir doch einfach eine neue Süßigkeit aus, eine lustige, eklige, oder eine Zaubersüßigkeit.

 

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22 | Jutta Schüttelhöfer

Jetzt

im Schatten der Zeit
steht dieses Haus
wartet auf seinen Anstrich
lass uns die Wände mit Mut streichen
und die Böden mit Erinnerungen auslegen
unsere Verletzungen setzen wir
auf die Bank in der Diele
und daneben am Fenster
ist noch Platz für alles
was hätte sein sollen

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Jutta Schüttelhöfer

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20 | Karl Johann Müller

Schlittenhundewetter

Schneespuren
von Kufen und Füßen
in seinen Pfoten
die Weite
die Kälte im Fell
und das Gefühl
für Norden
Freiheit auf Zuruf
das Geschirr
an den Schultern
vorbei an
lastgebeugten
Kiefern
über eisgekrönte
Seen
durch frostgeformte
Landschaft
wenn sich Flocken
häufen
und der Blick
ins Weiße geht
laufen die Beine
auch blind

 

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Karl Johann Müller

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17 | Verena Dolovai

lebkuchen im sonnenbad

die glasur glänzt wie
regennasses gras
tropft vom tisch

du wischst
die schokolade weg

verwirrt
irren wir durch die jahreszeiten
war schon winter?
fragt das kind

die katze im sommerkleid
schnappt nach insekten
die zu dicht
in der luft tanzen

wir atmen ein
blasen unsichtbaren hauch aus

das frühe dunkel
hüllt den tag ein

drinnen
glühen unsere wangen nicht

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Verena Dolovai

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16 | POEDU: Ari

Ein Maoam

Ein Maoam
klebt vorwärts oder rückwärts
dir die Zähne zusammen und dann
hängts am Gaumen und trotzdem
schmeckts lecker, egal
in welchem Türchen es steckt,
es klebt!

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Ari (8 Jahre alt)

 

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13 | Georg Großmann

Mühlkreisberechnung

die Landschaft hier ist
mehrgeschossig
fiebrig, unstet
wechselt ständig
ihr Niveau
ist überall
und nirgendwo
ist Senke, Hang und
Kuppe an einem
Fleck

die Landschaft hier ist
durchstockwerkt
ist mit Wald bestockt
ist mit Wiesen bespannt
mit Häusern getupft
in denen sich weitere
Stockwerke anfügen
kleinteilig, feiner
abgestuft, filigran
erschlossener Raum
wie

eine winzige Schublade
die man aus einem Möbel-
gebirge zieht
ein Mikrokosmos
ein Setzkasten im
leuchtenden Moos
in dem wir
versteckt – in der
Nähe der Wälder, die
auch durchstockwerkt
vom

Wurzelkeller bis
zur Kronendach-
terrasse
alles verschachtelt sich
in die Höhe, dreht
sich, kippt seitwärts
kriecht in die Kerben
springt aus den Leiten
wie Erker hervor
wölbt sich den
Wolken entgegen

.

Georg Großmann

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12 | Mario Thunert

Gleiszeit

Regen fällt
und gefriert
auf der Stelle
auf der Schwelle
spiegelt schlicht
das künstlich grelle
Neonlicht
beleuchtet
künstlich schnelle
Abschiedspflicht
Blicke wagen
nicht mehr viele
nutzen den vom Markt wehenden
Nelkenduft
für ein Lächeln
ist keine Zeit
der Zug
kommt wieder
aus dem Takt

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Mario Thunert

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10 | Sigune Schnabel

Ich habe eine Schneehaut bekommen

 

Ich weiß noch, wie sie zum ersten Mal überfror
und mich die Erde widerwillig trug.
Ich ging auf ihr spazieren.
Frostblumen blühten grau.

Als ich die Felder erreichte,
knackte die Stille
vor Kälte. Ich legte ihr die Hand
auf den Rücken,
aber sie schob mich fort.

Ob sie alleine weiterzieht,
fragte ich sie.
Ihr Körper nickte.
Ihr Gesicht war weiß.

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Sigune Schnabel

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