freiVERS | Jan Skudlarek
mit beiden fingern ins nutellaglas
so klapprig gekörpertes. wir als vehikel für ’ne seele? warum auch nicht.'
vor der haustür haben sie einen igel überfahren,
der igelmatsch zieht sich über zwei meter. im kuss sind unsre'
zungen ineinander
verschlungene delfine. einfach die augen schließen
und rein in die haselnussmasse
Jan Skudlarek
Jan ist Teil der 3. Babelsprech-Konferenz in Salzburg 2016
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freiVERS | Niklas L. Niskate
ewenken
gespensterjagd. treibnetze
wie subjekt. objekt. verwirrung
auf seiten der gegend
projektionen.
dein begriff setzt den fall zur falle
schaffst du den regen heute noch?
oder bekümmert das jemand anderes?
ach, funktionsradien. weite
überschaubare flächen
lügner. immer auf bewährung ich
möchte die namen vertauschen
und bomben in den identitätspool
den identitätstod runterladen
heißt sich die scheiße
aus dem kleid zu häuten, hase.
wer verliert ist
immer gewinner
beziehungsweise
Niklas L. Niskate
Niklas ist Teil der 3. Babelsprech-Konferenz in Salzburg 2016
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freiVERS | Daniela Chana
Nächte werde ich hier spinnen
Wie viele Abende werde ich hier strampeln
Und noch nicht ertrunken sein?
Kerzenlicht ist immer hinter mir
Weil mein Diener es für mich trägt
Manchmal steige ich mit einem Fuß
Auf ein heißes Sandkorn
Dann fliege ich
Ich spinne stundenlang herum
Auf der Veranda
Neben einem Glas Rotwein
Die Panik schwimmt so langsam über die Hügel
Und versinkt
Cowboys reiten auf Pferden vorbei
Einer lüftet den Hut, und ich spiele mit einer Haselnuss
Wie viele Nächte werde ich hier spinnen
Und noch nicht gestorben sein?
Daniela Chana
Daniela ist Teil der 3. Babelsprech-Konferenz in Salzburg 2016
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freiVERS | Andreas Pargger
sandkörner unter den zehen ein / tänzelnder schritt aus dem bild / rauschen aus einem unsichtbaren / riss in der kulisse brandung meer / aus einer anderen / welt aus einer längst vergessenen zeit und / die augen zum himmel gerichtet die augen über- / gangslos chromgraue flächen wasser / horizont löst sich der nebel geht eine schneise / auf ein schwindel nichts schemendasein eine / schamanenwelt im marmor des sands / fußabdrücke und die immer- / gleichen windschleifen über den dünen über den / schaumkronen zeitlos eine körnung des lichts ein / grobwerden von luftpigmenten ein verblassen ver- / blasen-werden von konturen ein zer- / fließen des nachmittags ins grelle
Andreas Pargger
Andreas ist Teil der 3. Babelsprech-Konferenz in Salzburg 2016
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freiVERS | Sigune Schnabel
Unter die Haut
Es gibt einen Raum unter deiner Haut,
in dem Legenden wohnen.
Dort rennt das Glück
die Adern entlang.
Manchmal,
wenn sich die Welt
voll gesogen hat
mit Regen,
dass sie sich an den Rändern einrollt;
wenn ich ihre Geschichte
glatt ziehen muss,
um sie zu lesen –
manchmal werden meine Schritte groß
und springen
aus den Umrissen
meiner Existenz
unter deine Haut.
Sigune Schnabel
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freiVERS | Safak Saricicek
absetzversuche des kaffeehausbesuchers
dich will ich absetzen
wie diese weißen tabletten
dich das toilettenrohr
hinunterspülen
und spulen die zeit
hinunterspülen die erinnerung an dich
zurückspulen
tage und nächte
vor den weißen tabletten
die mich glücklich machen
seitdem du
mich unglücklich gemacht
hast wie diese fette fliege
mich unglücklich gemacht
hat die ich das toilettenrohr
hinunterspülte
dich will ich überstehen
wie diese parästhesien
momente wenn die welt sich dreht
die pulsierende migräne
überstehen atem der atemlosigkeit
entgegnen
und das absetzen fällt nicht leicht
werden die schritte der schwindel
treibt die bilder von dir
die stumme packungsbeilage
der tabletten die ich überstehe das
tablett am freitagabend du lächeltest
das tablett mit deinem kaffee
der stürzt ein fernes lachen will dich
vergessen
bin nicht mehr
ich selbst bin
nicht schon fast
weg von dir
deine augen waren
braun wie dein
kaffee am freitagabend
weg von dir
gestürzt ist mein
ich will dich
nicht
mehr.
Safak Saricicek
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freiVERS | Barbara Marie Hofmann
wir sitzen unter linden
träumen von tannen von meerengen
von den gezeiten der wölfe
wir sitzen unter linden
der sommer ist nach zeitigkeiten vorüber
wir sitzen unter linden
denken an uns
wie schön es damals war
Barbara Marie Hofmann
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freiVERS | Stefan Heyer
Der Papierkorb
Unter dem Schreibtisch
manchmal steht er auch etwas weiter
entfernt
wartet der Papierkorb
gefüllt will er werden
bekritzelte Zeitungen
vertippte Seiten auf der Schreibmaschine
Fehldrucke
schlechte Texte, falsche Wörter
die Spuren des Bleistifts
durchgestrichene, zerrissene Seiten
mit Wut geworfene Papierbälle
Flieger voller Langeweile
mitunter auch Bleistiftanspitzreste
leere Patronen
doch hier und da nimmt
eine Hand ein Stück Papier
wieder heraus, streicht es glatt
liest noch einmal und
findet Gefallen an den Worten
den Sätzen, ein Lächeln
fährt über das Gesicht
Stefan Heyer
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freiVERS | Benjamin Löber
Nachtfahrt
Benjamin Löber
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freiVERS | Raoul Eisele
petrified kisses
of mythic aesthetes
enchains us
in bondage
with passion
---------of pain
lies alice’s incarnation in cellar
of mad hatter’s abysmal hat
where you don’t speak of eden’s garden
or the endlessness of moons
with their shadows
in the marrow of your own
are giraffes placed
---------in the first floor
with their heads over the roof
into the clouds
decorated with girdle of flours
run rabbits knots in their heads
and seamen sail through the bosphorus
of your heartstrings
sings sirens of hope
that never will fulfill
is the sun the only ray
that will stay
---------in the world
of tomorrow’s us
Raoul Eisele
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