freiTEXT | Wolfgang Wurm

 Strategie.

Zwar hatte auch er öfter mit dem Gedanken gespielt, aber ihn niemals ausgesprochen, denn diese Entscheidung war ihm noch immer eine Nummer zu groß. Als sie ganz behutsam die Überlegung ins Gespräch einfließen ließ, nach all den Jahren vielleicht doch zusammenzuziehen, verspürte er sofort eine Enge, die ihn bedrohte. Dennoch schien es ihm klüger, seine Scheu für sich zu behalten, und er bat sie nicht, das Thema aufzuschieben, sonst hätte ja er die Initiative ergreifen müssen, um es abermals auf die Tagesordnung zu bringen. Schon wäre es um sein Prinzip geschehen gewesen, sie auf gut Glück vorschlagen zu lassen, was er sich insgeheim wünschte.

 

Wolfgang Wurm

 

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mosaik27 – Grakughch.

mosaik27 – Grakughch.

INTRO

Über das Gefallen zu schreiben ist ein schwieriges Unterfangen. Über das Gefallen in der Kunst zu schreiben ist ein unmögliches Unterfangen. 270 Wörter haben auf dieser Seite noch Platz – das geht sich aus!

„Sie betrachtet sich selbst, ihr Gesicht, das ihr irgendwie fremd vorkommt. Die Arme wirken künstlich platziert. Das muss sie das nächste Mal anders machen.“ – Bastian Kresser

Wir sehen uns schon mit Fragen nach der Schönheit des Covers dieser Ausgabe konfrontiert. Warum habt ihr so ein ekelerregendes Cover gewählt? Manchen wird es (trotzdem?) gefallen, andere werden sich damit zufriedengeben müssen: Weil.

Jetzt diskutieren wir aber vor jeder Ausgabe über hunderte literarische Kunstwerke und entscheiden uns für eine Handvoll davon. Persönliche Geschmäcker sollten bei dieser Auswahl außen vor gelassen werden, brechen selbstverständlich ständig durch. Es ist allerdings eine schwierige Gratwanderung zwischen gefallen und gefällig. Letzteres geht anscheinend in der Kunst gar nicht. Und so wählt man Texte aus, die nicht gefallen – und andere nicht, die es tun. Und zack! sind wir in der Diskussion, was Kunst leisten soll/ kann/darf/muss.

„Ab und zu mag ich es auch mal, Dinge nicht zu verstehen!“ – Peter.W.

Und gleichzeitig fühlt man sich ständig in einer Rechtfertigungsschuld: Warum dieser Text, aber nicht jener? Auf diese und ähnliche Fragen antworten wir mit für richtig empfundenen Argumenten. Doch manchmal wissen wir selbst nicht, warum wir Entscheidungen auf bestimmte Weisen treffen – in der Retrospektive wird das erschreckend deutlich. Vielleicht muss man sich eingestehen, dass die Kunst den Argumenten manchmal voraus ist: Was man mit Logik (noch) nicht in Worte fassen kann, das geht durch Kunst oft besser.

„Wonach Schatten schmecken? Er lacht. Nach Staub natürlich. Man müsse ihn verwandeln, darin liege die Kunst.“ – Marlene Gölz

Warum hier dieser Text steht und kein anderer? Weil.

Euer mosaik

Inhalt

Lichtwellenleiter
  • Katharina Körber – Menschen
  • Markus Grundtner – Da sucht einer sein Glück
  • Natalia Breininger – Entropie
  • Babet Mader – Suppengrün
  • Jörg Kleemann – Aus dem Stand
Bodentreppen
  • Mariusz Lata – nicht mehr sein
  • Sigune Schnabel – Mein Leben trägt Bürokleidung
  • Ann-Christin Kumm – Wird grün, wird gelb
  • Marcel Pollex – Die Baustelle
  • Johanna Müller – Das Leuchten der Hemdkrägen bei Nacht
  • Andreas Hippert – Graureiher
Fernsehbilder
  • Peter Paul Wiplinger – Du böses Kind
  • Bastian Kresser – Fältchen aber keine Falten
  • Wolfgang Wurm – Beschämt; drei, zwei, eins
  • Markus Leitgeb – Keine Zugfahrt
  • Marlene Gölz – Schattenschlucker
Kunststrecke von Molly May Lewis
BABEL – Übersetzungen
  • Gatuduvan – Det blixtrar till ibland / Es blitzt manchmal auf – En stilla eftermiddag i september / Ein stiller Nachmittag im September
  • Jelena Anðelevski – Panter zna da ste ga otrovali / Panther weiß, dass ihr ihn vergiftet habt
Kolumne
  • Peter.W.: Hüte aus Fischhaut, Hanuschplatz #14
Essay
  • Samer Schaat – Fragilität der Welt
Buchbesprechung
  • Thomas Ballhausen: Obdach für Gespenster
Interview
  • „Das muss man mal so knallhart sagen.“– Marko Dinic beim Halleschen Dichterkreis
Kreativraum mit Niklas L. Niskate

18 | Wolfgang Wurm

Frohes Fest.

Dieser Autor sei ihm noch gar nicht bekannt gewesen, dabei sei er dem Klappentext nach zu urteilen sogar schon längere Zeit sehr erfolgreich, sagte er, als er sich für die unterhaltsame Lektüre bedankte, die er noch am zweiten Feiertag nach wenigen Zeilen wieder beiseite gelegt hatte. Und die staubtrockenen Plätzchen waren zu diesem Zeitpunkt bereits an die Wasservögel im Stadtpark verfüttert. Schließlich wollte auch er nichts als Frieden.

Wolfgang Wurm

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