15 | David Hassbach

Weihnachten im Schlachthaus

Am Heiligabend machte ich immer eine Doppelschicht im Schlachthaus.
Ich wollte nicht wie die ganzen Arschlöcher sein,
die das ganze Jahr über ihre Frauen schlagen
und dann für einen Abend ein nettes Gesicht aufsetzen,
ihren Bälgern etwas Liebloses schenken
und sich anschließend mit Punsch besaufen.
Außerdem wartete zu Hause niemand auf mich.
Mein Vorarbeiter Jack, ein derber Mann
mit Bratpfannenhänden und einem Kopf so groß
wie der eines Ochsen, trank immer aus seiner Whiskeyflasche,
sprach dann vom heiligen Geist und lachte dreckig,
wenn sich wieder jemand einen Finger abschnitt.
Dieser Betrieb hatte fürwahr mehr Krüppel produziert,
als so manches Schwangerschaftsmedikament.
Die Zeit verging langsam und gegen acht Uhr
spürte auch ich den Whiskey schon in den müden Knochen.
Doch plötzlich lag ein Schimmer in der Luft,
wie wenn sich das schummrige Kneipenlicht
im Pailletten-Kleid einer billigen Nutte reflektiert.
Einem der frischen Kalbskadaver wuchsen auf einmal Flügel
und dieser Kalbsengel stieg in die Luft empor
und verkündete die Frohe Botschaft.
Unter den Arbeitern wurde es still.
Doch dann schlug Jack dem himmlischen Vieh einen Haken durch die Ferse und zog es
schreiend hinauf zu den anderen Kadavern,
bis es verstummte.
Während ich noch einen Schluck Whiskey nahm, dachte ich:
An diesem gottlosen Ort ist einfach kein Platz für Weihnachten.

 

David Hassbach

 

Das Advent-mosaik, dein literarischer Begleiter durch die Vorweihnachtszeit.
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freiTEXT | David Hassbach

Ländersex

Aktuell hat man bei uns große Angst vor fremden Einflüssen. Die Furcht etwas könnte aus dem Ausland in unser schönes Österreich reinkommen, sich hier ausbreiten, uns wie ein Virus infizieren oder schleichend unterwandern, ist rasend. Dabei vergisst man allerdings gerne die positiven Aspekte des Kulturimports. Ein paar liegen geblieben Säcke, die im Zuge der Räumungsarbeiten nach der zweiten Türkenbelagerung gefunden wurden, haben zum Beispiel dazu geführt, dass wir in Wien eine ordentliche Kaffeehauskultur entwickeln konnten und nun köstlich, aromatischen Mokka genießen, während man sich in Deutschland damit begnügt Wasser braun zu färben und sich dann auch noch traut, dieses Verbrechen als Kaffee zu bezeichnen. Oder man blicke auf die alten Griechen, die Brutstätte unserer Demokratie. Dank Pythagoras wissen wir wie man eine Hypotenuse berechnet, dank Hippokrates haben die Ärzte einen Eid auf den sie schwören können, dank Sokrates wissen wir, dass wir eigentlich nichts wissen und dank einer gängigen Gesellschaftspraxis unter altgriechischen Männern, wissen wir, dass man den After nicht nur zum Scheißen verwenden kann.  Homosexuelle und sexuell experimentierfreudige Heterosexuelle würden ohne die großen, griechischen Vordenker, vielleicht noch immer ein Nasenloch oder das Ohr für ihre Vergnügungen verwenden. Man merke: Ein offenes Weltbild hat Vorteile – Vor allem im Schlafzimmer.  Die Staatsgrenzen der sexuellen Präferenzlandkarte sind allerdings nicht immer leicht zu ziehen und deshalb sollte man sich gut informieren, bevor man irgendwo am breitgefächerten Ländersexglobus um Asyl ansucht.

Hier ein Überblick:

Rein evolutionstechnisch, macht der Deutsche alles was er beim Kaffee falsch macht, in Punkto Sex richtig. Deutscher Sex ist effizient. Betritt der deutsche Mann gemeinsam mit einer Frau das Schlafzimmer, hat er automatisch eine kruppstahlharte Erektion, begibt sich in Angriffsposition, betreibt das Vorspiel genau so lange, bis die Frau im richtigen Maße feucht ist und dringt anschließend blitzkriegartig in sie ein und bevor ihr Körper überhaupt versteht was passiert, hat sein siegreiches Spermium die Eizelle bereits eingenommen. Es verwundert deshalb nicht, dass Deutschland das bevölkerungsreichste Land auf dem europäischen Kontinent ist.  Die einzige Stellung die für sein Schlafzimmer-Gaudium in Frage kommt, ist natürlich die Missionars-Stellung. Denn was man ordentlich macht, macht man gut. Der ganze Prozess wird auch nicht unnötig in die Länge gezogen. Denn jeder weiß: In der Kürze liegt die Würze. Man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Wer zu spät kommt, den straft das Leben und wem du`s heute kannst besorgen, den schiebe niemals morgen.

Im Gegensatz zum Deutschen ist der Franzose ein Genießer. Liebe geht durch den Magen und deshalb beginnt der wahre Gourmet sein Vorspiel damit, stundenlang zu fressen und literweise Wein zu trinken. Im Anschluss daran ist eine Erektion oft nur schwer möglich. Deshalb bedient sich der französische Mann zweier, besonderer Techniken. In seltenen Fällen benutzt er für ein knuspriges Schäferstündchen ein altes Baguette als Penisprothese. Historiker berichten auch vom Einsatz abweichender Teigprodukte. So soll der Sonnenkönig Ludwig XIV gerne ein Eclair als Schwanzersatz verwendet haben. Von ihm stammt auch der vielmals falsch zitierte Ausspruch: >> L’Eclair, c’est moi <<, also, >> Das Eclair, bin ich! <<
Im Allgemeinen haben sich Sprachwissenschaftler darauf geeinigt, den Einsatz von Backwaren zur sexuellen Stimulation, mit dem Fachterminus „Ejaculatio-Brot-Cock“ zu belegen. Viel öfter als ein Baguette, benutzt der Franzose zur Befriedigung seines Partners allerdings seinen Mund. Oralsex hat sich als gängige Praxis im Land der Liebe durchgesetzt. Über die Jahrhunderte haben sich die Franzosen so sehr an den Geschmack gewöhnt, dass es auch nicht verwundert, dass es sich beim französischen Nationalgericht – der Bouillabaisse – um eine Fischsuppe handelt.

Ganz in IKEA-Do-it-yourself-Manier, spannen sich die Schweden gerne den AllzweckInbusschlüssel zwischen die Finger und schrauben sich ihren Orgasmus mit der Hand zusammen. Die wodka-trunkenen Russen treffen nur mehr zwischen die Schenkel, die Inder verrenken ihre yogageübten Körper durchs Kamasutra, die Spanier nennen den Busensex ihr eigen und wer beim Ficken auf die härtere Gangart steht und dabei dennoch höflich bleiben will, ist mit englischem Sex gut beraten.

Dennoch ist immer wieder die wahrlich bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit der Menschheit hervorzuheben. Not macht erfinderisch und deshalb bevorzugt der italienische Mann, der traditionell noch immer bei seiner Mama wohnt und aus diesem Grund nur wenig Raum in seinem Kinderzimmer hat, den platzsparenden Sex unter die Achsel. Auch die Abneigung der Italiener gegen Deodorant, gepaart mit dem südlichen Klima, erweist sich in diesem Kontext, als gleitmitteltechnische Goldgrube.  Nach einem Urlaub in Lignano und einigen verschwitzten Achselnächten, weiß man, nicht umsonst gehörte Italien, Mitte des 20 Jahrhunderts, zu den sogenannten Achselmächten.

Aber was zeichnet uns Österreicher aus? Was ist typisch österreichischer Sex? Der klassische Österreicher geht aus, betrinkt sich, sieht eine wunderhübsche Frau, spricht sie nicht an, kommt nach Hause, masturbiert und denkt sich dabei: Also wenn ich gewollt hätte, die hätte ich haben können.  Österreichischer Sex ist Sex im Konjunktiv. Wir sind ein Volk der Musiker, Dichter und Denker. Deshalb spielt sich bei uns das Vergnügen im Kopf ab.

Damit sollten wir aber nicht zwingend hinter den Bergen bleiben, die uns umgeben. Wir müssen raus in die Welt, rund um den Globus, bis nach China müssen wir unsere Weisheit exportieren und ich schwöre binnen kürzester Zeit, wäre das Problem der Überbevölkerung weltweit gelöst.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Professor Hassbach

David Hassbach

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