freiVERS | Alexander Rudolfi

über der vielbefahrenen straße drehen die tauben ihre kreise zwischen den häusern, im sturzflug, im steigen; bevor sie abrupt ihre meinungen ändern und sich teilen und auf dem selben dach landen und die kreuzung in einen zustand versetzen, der etwas ortloses gellen hört, das vorgegangen sein muss, als wäre ein apfel vom baum und auf die straße geschlagen; was die straßen nicht kümmert und was die kreuzung nicht kümmert und nicht den verkehr unter der roten ampel übertreten sog sündenfall.

der lärm wenn sie aufgescheucht auffliegen und fragen, was einem rhythmus folgt, der immer gleich bleibt, bleibt, wie einsen und nullen den binärcode in den dioden entlang; und die jahreszeiten vorübergehen in richtung des salzwasserleuchtens, an die Äquatorlinien einem baumsterben entgegen, an dem massen durch magnetfelder marschieren, und standortregister bewegungen diktieren, wenn die ampel umschaltet, auf grün auf rot auf grün.

aber die tauben verlassen die stadt nicht, auch nicht wenn es herbst wird und die anderen vögel sich in pfeilzeigern bewegen, und sich auf einen punkt richten der irgendwo außerhalb, hinter der stadt, liegt in richtung der allgemeinen struktur solcher zeichen, nach dem wiederkehren, dem wiedererkennen und der imitation auf bildschirmen, die außerhalb unserer reichweite liegt, weil wir glauben etwas neues zu schaffen, aber nicht sagen können, was wirklich gleich bleibt, wenn sich doch ständig, ununterbrochen alles verändert, vorwärtsgeht, von einem ins andre verhandlungen führt – und warum, - und in welchem verhältnis eigentlich zu einander.

wie? wenn die feldlinien ihre wirkung verlieren? wie? wenn die tauben über der vielbefahrenen straße auf einmal beginnen nach süden zu fliegen? wie? wenn der sündenfall sich zuletzt nicht ereignet hat und der apfel am baum bleibt, weil keine bewegung mehr existiert, wenn sich folglich nichts mehr verändert und alles zwischen den ampeln,
berechenbar ist?

 

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Alexander Rudolfi

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