freiVERS | Jan-Eike Hornauer

Glaubensbekenntnis

Teutonischer Locus amoenus,
Naturkirche, heiliger Wald:
Nur Du stehst für alles, was schön is’,
Du Eden in Irdengestalt.

In Dir bloß zu wandeln heißt: leben.
Dich spüren und riechen befreit!
Dich sehen meint: himmlisch vergehen …
und in Dir: nur Zauber, kein Leid.

Das ist, was wir sagen, im Grunde.
Doch achten wir faktisch Dich nicht.
Wir schlagen Dir Wunde um Wunde,
auf Geld statt Erlösung erpicht.

Wir nutzen und schaffen Dich ab,
wir dulden Dich – wenn! – als Plantage.
Naturwald? Ach, papperlapapp:
Den wollen nur Loser in Rage.

Gewinner, die sehen Gewinn.
Die Losung heißt immer: Verwerte!
Es steckt in Dir zählbar was drin,
Du treuer, Du teurer Gefährte.

Kultürlich Dich loben, oh Wald,
dies werden wir gründlich für immer.
Natürlich wird unsre Gewalt
an Dir dieweil schlimmer und schlimmer.

Als Großkathedrale im Geist
bist Du für uns nicht zu ersetzen.
Doch irrst Du Dich sehr, wenn Du meinst,
dies hieße, Dich anders zu schätzen.

 

Jan-Eike Hornauer

 

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Selenskyjs Schreie werden langsam stumm.
Denn wer will sie bloß immer weiter hören?
Ein neuer Schrei, der findet schon sein Publikum.
Doch Dauerschreien, ach, das kann nur stören.

Selenskyj rührt uns so nicht länger an.
Sein Schrei verharrt ja bloß im Ewiggleichen.
Wie man die Grenzen nur nicht sehen kann!
Und halfen wir nicht schon? Das muss auch reichen.

Selenskyj, ach, ist keiner, der versteht:
Er schreit ja weiter wirklich voll und ganz!
Aus Notwehr greifen wir zur Ignoranz.

Selenskyj wird von uns auf still gedreht.
Wir sehen bald nurmehr den lauten Schrei.
Und denken uns – vielleicht – noch ›Munch!‹ dabei …

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Jan-Eike Hornauer

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