freiTEXT | Magdalena Ecker
Der Seelenfänger
Die herbstlich bunten Wälder
tun Nebelkleider an
Es liegen leis die Felder
in magisch, düstrem Bann
Lautlos kreist ein Rabe
ruft schaurig „Nimmermehr!“
Durch seiner Augen Farbe
wird die Seele blass und leer
Er trägt auf seinen Schwingen
wie`s scheint die ganze Welt
Oh, trübsinniges Singen
dass die Nacht ringsum zerfällt
Der Morgensonne Strahlen
trinken sacht den kalten Tau
Träume, die die Schatten stahlen
Des Raben Lied klingt ach so rau
In seiner schmucken Schwärze
Im Geäst der Rabe thront
Und Glanz der teuren Erze
in seinen Federn wohnt
Des Raben Augen zeigen
einen weit entfernten Ort
Stets musst du die Blicke neigen
sonst nimmt er dich mit fort
Magdalena Ecker
freiTEXT ist eine Reihe literarischer Texte. Freitags gibts freiTEXT.
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freiTEXT | Thomas Mulitzer
4. Sinfonie in a-Moll, op. 63
Und auch wenn ich mich jeden Abend auf die Lauer leg
Mit Sibelius und der Flasche Jameson
Mit diesem Stechen im Herz
Und ein Gedicht nach dem andern rausscheiß
Kann ich mir davon trotzdem keine Semmeln kaufen
Ich weiß ja nicht, ob’s früher leichter war
Die ganze Sache mit dem Schreiben
An die Großen komm ich sowieso nicht ran
Die besten Sätze haben sie mir längst geklaut
Und das bisschen Ruhm reicht nicht für Stolz
Geschweige denn ein Dach überm Kopf
Ich verscherble meine Lebenszeit
Und kauf mir Zeit zum Zeit verschwenden
Ich frage mich, ob dieses Gefühl der Sinnlosigkeit
Je verschwinden wird oder ob ich
Ewig zaudern werde
Ewig zögern, zweifeln
Ewig Zeile um Zeile hinschmieren werde
Nur um sie später zu verbrennen
Die Pauken setzen ein
Und der Whiskey fährt mir in den Schädel
Und ich schreib noch ein paar Wörter
Dann hau ich mich ins Bett
Und starre in die Dunkelheit
Thomas Mulitzer
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Eiskalt und zugleich so weich
Eiskalt und zugleich so weich,
So voller Lebendigkeit und Wonne,
Dies ist meine Zeit, mein Reich.
Der Schnee ist meine Sonne.
Eva Wimmer
Manuel Riemelmoser - Postmoderne u.v.m.
postmoderne
ich mag die postmoderne.
das ist das problem: man muss sie einfach mögen.
man kann gar nicht anders.
ich mag das MAN. ich kann gar nicht anders.
fünf tage
gitternetzlinien von konsonanten gefestigt
das bächlein atem das nichts ungerades fasst
fasst M und T und C und L
zerstückelt und lässt schwimmen
vokative singen tenörisch
und obwohl ich sie nicht erhöre
schmuggeln sie unter mir phantastisch
wissen wovon sie sprechen
spüren aber nicht die sprache
piepsend weckt das ding endzeit auf mich
zeigt mein fleisch als zahlenkonstellation
wirft etwas kümmel auf die beine der last
und mit ei hält es rund den nachmittag an
wenn die wirklichkeit dann durstig wirkt
und tröpfelwasser aus dem waschlappen
zumindest die decke in vokalen auflöst
kommen leerstellen zum vorschein
an denen ich mich wieder einklinke
deine brüste lebten fünf tage lang
nur durch die bewegung deiner augen
wenn jetzt die welt staubt
braucht es eigentlich nur kalte feuchtigkeit
erstens atem zweitens eis
wald
ich gehe in den wald
ich nehme mit
ich entscheide mich
ich laufe
ich umarme
ich vergrabe
ich feiere
ich sehne zurück
aber
ich gehe in den wald
ich nehme an