freiVERS | Dennis Hannemann
Gleichheit
Und hier kommt einer der
nicht weiß wie viel Pfand er braucht
um die Parkbank zu bezahlen
die ihn nachts vor Kälte und Kampfhunden schützt
und hier kommt eine die
nicht weiß wer sie zur Ärztin schickte
die ihr anstatt der Behandlung
eine Karte für Shakespeare schenkte
und hier kommt einer der
nicht weiß ob die Mutter noch lebt
beim letzten Besuch da nannte sie ihn
den Sohn einer anderen das Messer zur Hand
(zu Sigmar Polke: Liberté, Egalité, Fraternité, 1988)
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freiVERS | Dennis Hannemann
Sommerimpressionen
i.
Ein Strom verzweigt auf den Feldern,
ein Rettungsboot kurz vorm Kentern,
Wachen und Helfer, Zelte mobil
in Kunststoffwelten versetzt, zu wenig
Rasierzeug und Stoff, die Fremden schöpfen
empfangen zu keiner Zeit.
ii.
Verlieren Angst auf-
marschiert plakatiert
Wände und Zäune
Baracken glühen.
iii.
Der Eurocity
hinauf zum Brenner,
er sitzt im selben Abteil,
namenlos no identity,
er trägt einen Skateschuh,
er hat kein Gepäck, er läuft weg
am Bahnsteig ankunftslos.
iv.
Sand und Hitze alpenwärts
treffen Hölzer spenden
Schatten der Erinnerung
nichts dergleichen schwindet
in spröden Zeiten zutiefst.
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05 | Dennis Hannemann
Tapete
Kerzenlicht die Tapete glänzt türkis
tropfender Zapfhahn abgegriffenes Holz
Bestellungen treiben den Kellner vor zurück
ich höre das Pochen der angehaltenen Zeit
ich sehe die Risse im weißen Fensterrahmen
ich will es öffnen stechender Schweißgeruch
von irgendwo Tattoos Gespräche kippen
Diesseitsbucht der eine steht wie ein Fels
Dennis Hannemann
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