Apokalyptische Zärtlichkeiten

Akrostichon

Als der weiße Riese seine Welt benannte,
Passten manche Wörter nicht ins Bilderbuch.
Oben schien der Mond wie eine Endkonstante,
Kernig trieb im Raum ein weites Sternentuch.
Alle seine Worte schwangen in der Ferne,
Lindenbäume hauchten und entstanden still,
Yachten fuhren senkrecht durch die Blaunachtsterne,
Papageien pflanzten grüne Silbenkerne,
Töne klangen gläsern, wie ein Weinglasspiel.
In der Luft verflossen Zeiten miteinander,
Säuselnd prophezeiten Stimmen von dem Tod.
Chaos war ein flinker Feuersalamander,
Harmoniegefasst und plötzlich durcheinander,
Endgültig verschwindend im Zinnoberrot.

 

Zögernd trat der Riese in die Welt und weinte.
Ärgerlich erblickte er am Horizont
Regnerische Worte, die sein Herz verneinte.
Tauend glitt vorbei und starb der letzte Mond.
Lange saß er einsam und erlebte wieder
Inseln seiner Worte in der leeren Welt.
Choreographien tanzten leise Lieder,
Hafensuchend flog der Klang im Schattenfeld,
Kalt verflogen Sterne. Doch der weiße Riese
Eilte hinterher und fing sie zärtlich ein.
In dem Nachtlichthimmel gibt es eine Wiese,
Tausend kleine Sterne bilden Bächleinkiese,
Endlos rauscht das All und weht die Sternenbrise.
Niemals wird der Riese wieder einsam sein.

 

Liza Wandermaler

 

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