Was sei die Lesung? - 2 Jahre mosaik

24.01.2013 - frei:raum

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mosaik feierte 2. Geburtstag und ist so jung wie eh und je.Einen Dank an alle, die mit uns gefeiert haben, im Publikum wie auf der (nicht vorhandenen) Bühne. Stephanie Schmid, Andrea Weiss, Birgit Birnbacher und Gregor (in Vertretung von Natasa Tasic) steuerten beachtenswerte Debuts und interessante neue Texte bei - unterstützt wurden sie dabei von Isabella Bravo (bekannt auch als Zitronenfalter), Amelie und Charlie.

Wir freuen uns jetzt schon auf unseren nächsten Geburtstag. ;)

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Stephanie Schmid
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Charlie, Isa & Amelie - die Fusion aus Pink Pale Moon und Bunny Suite
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Andrea Weiss
Birgit Birnbacher
Birgit Birnbacher

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Gregor liest Texte von Natasa Tasic.
Deodorant, Diaphragma, Dummkopf. Das Kollektivgedicht am Ende des Abends.
Deodorant, Diaphragma, Dummkopf. Das Kollektivgedicht am Ende des Abends.

X: Die Jury tagt

Sonntag, 12.1.14 - 23:59,  war (Einsende-)Schluss.

ProjektX-Textzusammenstellung

Doch eigentlich geht es jetzt erst richtig los!
Aus der Fülle an Einsendungen zum Projekt X stellten wir einen Reader zusammen, den wir gestern der Jury übergeben haben.* Diese wird jeden eurer Texte in den nächsten Tagen und Wochen kritisch lesen, sich eine Meinung dazu bilden und uns schließlich eine Auswahl vorschlagen.

ProjektX-Textzusammenstellung2

Wir sind mindestens so gespannt wie ihr, sind doch die Texte so unterschiedlich wie nur irgendwie möglich. Dennoch haben nun alle Texte das selbe Layout und sind anonymisiert. Außerdem ist unsere Jury garantiert unbestechlich!

* Das Treffen fand im Übrigen in einem Lokal statt, das ein "X" im Logo hat und dessen Name gewissermaßen Programm ist...

 

 


Manuel Riemelmoser - Postmoderne u.v.m.

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postmoderne

ich mag die postmoderne.
das ist das problem: man muss sie einfach mögen.
man kann gar nicht anders.
ich mag das MAN. ich kann gar nicht anders.

fünf tage

gitternetzlinien von konsonanten gefestigt
das bächlein atem das nichts ungerades fasst
fasst M und T und C und L
zerstückelt und lässt schwimmen

vokative singen tenörisch
und obwohl ich sie nicht erhöre
schmuggeln sie unter mir phantastisch
wissen wovon sie sprechen
spüren aber nicht die sprache

piepsend weckt das ding endzeit auf mich
zeigt mein fleisch als zahlenkonstellation
wirft etwas kümmel auf die beine der last
und mit ei hält es rund den nachmittag an
wenn die wirklichkeit dann durstig wirkt
und tröpfelwasser aus dem waschlappen
zumindest die decke in vokalen auflöst
kommen leerstellen zum vorschein
an denen ich mich wieder einklinke

deine brüste lebten fünf tage lang
nur durch die bewegung deiner augen
wenn jetzt die welt staubt
braucht es eigentlich nur kalte feuchtigkeit
erstens atem zweitens eis

wald

ich gehe in den wald
ich nehme mit
ich entscheide mich
ich laufe
ich umarme
ich vergrabe
ich feiere
ich sehne zurück
aber
ich gehe in den wald
ich nehme an

Manuel Riemelmoser - warten auf das große wort

Stefan B. Findeisl - Zwölf Stunden

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ZWÖLF STUNDEN, die Hälfte eines Tages. Halb in Dunkelheit, Nacht, halb im Licht, Tag. Sie steht genau am Äquator. Lotrecht. Bescheint zu gleichen Teilen den Norden und den Süden. Macht keinen Unterschied zwischen denen da oben und denen da unten. Gleichberechtigung der Hälften. Für drei Monate war sie jetzt im Norden, wanderte bis zum Wendekreis. Schaute sich Europa an, Russland, die Vereinigten Staaten bis hinauf nach Kanada und Grönland. Einen Tag, einen längsten Tag, verweilte sie am Wendekreis. Zuwendung: uns. Jetzt ist sie wieder in der Mitte angekommen, kehrt sich zur anderen Seite. Verkürzt ihre Verweildauer in unseren Breiten. Gibt der Nacht mehr Raum. Es wird kühler werden. Wir kühlen aus. Stehen mit hochgeschlagenen Krägen unsere Mäntel in der Dunkelheit. Sehen unseren Atem vor uns in der Luft stehen. Wir sehen uns atmen. Sehen uns leben. Im frieren und atmen wird uns unser Leben bewusst. Hier im Dunkel, wo das Sonnenlicht nur als fahler Abklatsch am Himmel steht. Mond. Was im Sommer selbstverständlich schien, was leicht war, woran man nicht dachte, nicht erinnert wurde, kommt als Erkennen schwer zurück. Es ist Leben in uns. Dieses Leben muss gepflegt werden, muss umsorgt werden, muss geführt werden. Der Winter verlangt es. Der Winter zeigt mit dem Finger auf ES.

Auf das Leben.

Achte darauf.

Halte dich warm.

Atme.

Lebe.

Stefan B. Findeisl - warten auf das große wort

Werner Schlor - Das Märchen vom Wegetreter (Auszug)

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Camino: Bist du der Homunkel? (wartet) Ja sicher, das muss er sein. Heureka, ich hab den Homunkel gefunden! Den Homunkel! Den magischen Homunkel! Das wird mir der gute Minister gar fürstlich entlohnen! (kettet das Kind los. Das Kind rührt sich weiter nicht.) Jetzt bist du frei! Komm, wir wollen gehen! (wartet, versucht es hochzuziehen, das Kind rührt sich nicht, schaut ihn nur an) Hallo, liebes Kind, ich brauche deine Hülf. Ich brauch ein Herz und ich brauch ein Hirn. Nicht für mich natürlich, für unsren König, der ist nämlich krank. (wartet) Hm, recht gesprächig scheint mir das Kerlchen nicht zu sein. Ich bitt dich inständigst, ich brauch deine Hülf! (wartet) Also eins ist klar, wer eine Antwort möcht, der frag nicht den Homunkel. Was mach ich jetzt? Das gute Ding will sich nicht rühren. Lebt‘s denn überhaupt? Oder stell ich’s mir nur vor? (denkt nach) Also gut, dann tut’s mir leid. Ich tu’s für den König und sein Volk.

Camino zieht das goldene Schäuflein. Mit der spitzen Kante schneidet er dem Kind den Kopf auf und nimmt sein Hirn heraus. Es kostet ihn ein bisschen Mühe, weil das Schäuflein nicht so gut als wie ein Messer schneidet. Dann macht er den Kopf schön wieder zu. Danach schneidet er dem Kindlein noch die Brust auf, reißt ihm auch das Herz heraus und klebt ihm den Brustdeckel wieder zu. Herz und Hirn steckt er in die Tasche. Das Blut vom Schäufelchen wischt er schnell im Gras ein wenig ab.
Das Kind sitzt da als wie zuvor und schaut ihn nur traurig an.

Werner Schlor - warten auf das große wort

Sarah Eder - Die Ampel schimmelt. Oskar auch. (Auszug)

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Draußen schneit es. Sein Streber-Darm meldet sich wieder. Die Blähungen knarzen mit seinen Schritten im Schnee in einen gemeinsamen Takt. Sein Schal presst den Hemdkragen gegen die kleinen blutigen Punkte am Hals. Wenn er das Hemd abends auszieht, sieht der Kragen innen sicher schlimm aus. Von außen merkt man aber trotzdem nichts. Er sieht ja auch von Innen sicherlich ganz entsetzlich aus, aber der Krebs hat eben sein Gesicht noch nicht erreicht.
Eine Ecke weiter muss Oskar dann echt schlimm aufs Klo. „Man muss nur sterben und aufs Klo“, murmelt er in sich hinein. Und da er das eine schon macht, kann er nun getrost auch bei der nächsten Gelegenheit auf die Toilette gehen. Komisch, wenn man bei dem Sprichwort auf einmal beides muss.
An der Kreuzung bleibt er stehen. Es ist rot. Die Ampel trägt eine Schimmelschneehaube wie er selbst auch. Oskar fragt sich schmunzelnd, ob sie auch Krebs hat. Dann fällt ihm ein, dass die Ampel ja wie die Tomate auch irgendwann wieder grün werden muss. Vielleicht hängt das zusammen, dass alle roten Dinge mit weißen Metastasen sich irgendwann wieder in grün verwandeln oder zumindest mal grün waren. Das heißt aber auch: Er hat das Grüne vielleicht noch vor sich. Zumindest würde Franz das jetzt so sagen. Therapeuten wissen, dass grün die Farbe der Hoffnung ist und dass man das hören will, wenn man eine Chemo machen muss – auch wenn man selbst als Therapeut arbeitet und weiß, dass Krebs ein Arschloch ist. Hoffentlich bleibt ihm genug Zeit für die Verwandlung. Aber nicht jetzt. Er muss gehen. Es ist grün.

Sarah Eder - warten auf das große wort

mosaik – Zeitschrift für Literatur und Kultur gibts’ jetzt auch digital.

Das hier soll Raum für große Ankündigungen und kleine Projekte sein. Viel wichtiger aber noch: Dies hier soll euer (zweites) mosaik werden – es ist euer digitaler Raum!

Ein gedrucktes Produkt hat immer Grenzen. Für alles, was aus technischen oder längenmäßigen Gründen nicht ins mosaik passt, gibt es nun Raum. Aber dazu braucht es eure Beteiligung. Als Schreibende aber auch als Lesende und Kommentierende.

Die Bürokratie ist ein Hund: Ihr schickt uns eure Beiträge (Texte, Illustrationen, Fotos, Videos, Tondateien,...), die ihr hier veröffentlichen wollt an die altbekannte Adresse mosaik@studlit.at

Wir freuen uns auf euch!

euer mosaik.