Ronnie

Wie üblich kehrte der Junge,
Ronnie war sein Name,
erst spät am Abend nach Hause zurück.
Er hatte Überstunden in der Fabrik gemacht, wie üblich.
Rechnungen warteten ungeduldig darauf bezahlt zu werden.
In ihrem kleinen Appartement war Izzy, Ronnies Freundin,
bereits vor dem weiß flackernden Fernseher eingeschlafen;
ihr dicker Bauch hob und senkte sich rhythmisch vor dem
Schneegestöber auf der Mattscheibe –
ein Walfisch, der die Wasseroberfläche durchbricht, um sich für
Sekunden im Mondschein zu baden.
Das dachte Ronnie bei ihrem Anblick.
Auf dem Tisch waren Käsemakkaroni in einer Pappschachtel
schon lange kalt geworden.
Ronnie setzte sich und aß trotzdem.
Dann stand er auf,
ging ins Bad
und rasierte sich,
wie üblich,
Schädel und Nacken,
duschte heiß, bis das ganze Badezimmer von Wasserdampf
vernebelt war,
feilte danach Finger- und Zehennägel gründlich ab und bürstete
sich die Zähne genau fünf Minuten lang.
Schließlich zog er sich an:
Seine schwarze Bomberjacke über einem blütenweißen, eng
sitzenden baumwollenen T-Shirt,
eine Blue Jeans, der Saum an beiden Beinen umgeschlagen
und zuletzt seine schwarzen Stiefel, nachdem er sie mit einem
Lappen, wie üblich, zum Glänzen gebracht hatte.
Der Schlüssel steckte schon im Schloss, als er noch einmal in die
Wohnung zurückkehrte.
Er schaltete den Fernseher ab und breitete,
schuldbewusst,
eine Navajo-Decke über Izzy aus;
er strich ihr durchs Haar und sie lächelte im Schlaf.
Dann verließ er die Wohnung,
darauf bedacht, die Tür geräuschlos hinter sich zu schließen.

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Adrian Brauneis

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