Das Streben nach Unglück

Wenn ich daran denke, wie ich damit umgehe, mir etwas zu wünschen und es tatsächlich zu bekommen, erinnere ich mich an die Nächte vor Weihnachten, als ich noch ein Kind war:

Das Kind schwingt sich auf sein Stockbett und schmiegt den Kopf in das weiche Kissen, um tief und fest einzuschlafen. Dann beginnt das Kind zu träumen. Es träumt von seiner Vorfreude auf Familie und Geschenke. Es träumt von einer Maschine, die das Vergehen der Zeit beschleunigt. Es träumt, wie es sich hellwach hin und her wälzt. Es träumt, dass es im Bett nur Unruhe findet. Es träumt von seiner feuchten Stirn und seinem trockenen Mund. Es träumt von seiner Decke, die einerseits zu dick und andererseits zu kurz ist.

Unerwartet nähert sich der erhoffte Moment dann doch. Das Kind träumt, wie seine Glieder nicht mehr zucken, sondern matt werden. Es träumt, wie sein Geist sich entspannt und zerfließt. Es träumt, wie seine Augen sich schließen und geschlossen bleiben. Das Kind träumt vom Einschlafen.

Der Glücksfall tritt ein. Doch dabei drängen sich Zweifel auf: „Einfach so, ganz plötzlich und unverdient? Das kann doch nur ein Trugbild sein.“ So vertraut das Kind seiner eigenen Gewissheit: „Tatsächlich schlafe ich gar nicht.“ Als der Schlaf im Traum kommt, nimmt das Kind den einzig logischen Ausweg aus seiner Angst, getäuscht zu werden, und erwacht so in eine Nacht, die noch lange andauert.

Inzwischen verlebe ich meine Tage nach diesem Muster. Ich fliehe vor Wünschen, von denen ich nicht glauben will, dass sie schon wahr geworden sind, damit sie sich endlich erfüllen.

Markus Grundtner

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