mosaik26 – ich bin keine pflanze

mosaik26 – ich bin keine pflanze

INTRO

„denken sie darüber nach wie es ist
ohne frau zu leben“
– Steffen Kurz (S. 20)

Dieser Tage kam eine Frage auf uns zu: Sag, liebes mosaik, wie hältst du’s mit dem Gendern? Und wir waren etwas überrascht – nicht über die Frage, sondern darüber, festzustellen, dass wir noch nie im Team darüber diskutiert oder aktiv darüber nachgedacht haben. Seit wir uns erinnern können ist der Asterisk da, als wäre er eine selbstverständliche Gegebenheit, wie der Umstand, dass wir nicht auf Kunststoff sondern auf Papier drucken (was wir im übrigen auch nie diskutiert haben).

Kritik an dieser Praxis kommt dieser Tage nicht nur von den Eh-scho-wissen, sondern zum Beispiel auch vom Wiener Philosophen Robert Pfaller, wie er es u. a. in einem Interview mit dem Standard formuliert hat: „Eine Kunstsprache zu verwenden, also zu ‚gendern‘ oder ein Binnen-I einzufügen“, scheint ihm nicht der richtige Weg, „man klingt dabei schnell nicht mehr wie ein vernünftiger Mensch.“ Und er markiert das Gendern als eine Form, sich über eine andere Gruppe zu erheben. Womit wir schnell bei einer Frage sind, die uns in Wellen immer wieder beschäftigt: Was kann/soll Kunst/Literatur im gesellschaftlichen Zusammenhang?

Wir verstehen uns auf einer Mission, Literatur zugänglich zu machen. Doch was bedeutet das? Ist es Aufgabe der Kunst, sich mittels Simplifizierung (über die Themen, Wege und Mittel) neuen Bevölkerungsschichten anzunähern oder ist es Aufgabe der Gesellschaft (des Staates?) Initiativinteresse für Kunst zu schaffen? „Man muss Kultur zu den Menschen bringen“ ist ein häufiger Schlachtruf, der in Sozialprojekten in sogenannten „Problembezirken“ endet und damit genau jene Überheblichkeit zelebriert, die auch Pfaller ankreidet.

„Sei unbesorgt: Von den hundert Namen,
die ich trage, ist kein einziger
Eva“
– Marina Berin

Seid unbesorgt, liebe Leserinnen und Leser, liebe Lesende, liebe Leser*innen, wir geben uns nicht mit einfachen Antworten zufrieden. Dafür kann eine Antwort dann auch mal länger dauern. Vor allem dann, wenn man vom Hundertsten ins Tausendste kommt. Letzteres wünschen wir euch für die vorliegende Ausgabe.

Inhalt

elektrisches zirpen
  • Dagmar Falarzik: Aufziehender Sturm / Der Sturm / Nach dem Sturm
  • Erik Wunderlich: Liebes Dreifingerfaultier
  • Thomas Ballhausen: Stanze
  • Stephan Weiner: Buch vom Zweck
  • Ursula Seeger: Unwillkürliches Flattern. Teil 31: Feingefühl und Anfälligkeit von Maschinen für Unausgeglichenheit und Exzentrik
waldwerden
  • Steffen Kurz: eine blume zwischen zwei abgründen
  • Manon Hopf: Fangen
  • Fabian Lenthe: Sie verlassen mich
  • Michael Pietrucha: Oh. Philia und deine geteilte Pflege mit dem Leben
  • Martin Peichl: 1000 Tode
und du nur so. oh.
  • Barbara Marie Hofmann: wiegenlied [totenschaukel]
  • Marina Berin: Du bittest mich
  • Katherina Braschel: Der Dosenrost sagt den Kieselsteinen, sie sollen mir temporäre Cellulite an den Knöcheln machen. Oder was?
  • Dustin Young: bitte komm
  • Hannah Bründl: wenn wind
Kunststrecke von Dominika Ziober.Król
BABEL – Übersetzungen
  • Jacek Dehnel: Miasta Dalekie / Ferne Städte (aus dem Polnischen von Michael Pietrucha)
  • Enesa Mahmic: Blatusa (aus dem Bosnischen von Marko Dinic)
  • Tobias Roth: Firn / Neve di Primavera (ins Italienischen von Nicoletta Grillo)
  • Yevgeniy Breyger: Schöne Lagunen / Lagune Frumoase; Vorsicht / Atentie (ins Rumänische von Krista Szöcs)
Kolumnen
  • Peter.W.: High Noon an der Datumsgrenze, Hanuschplatz #14
  • Marko Dinic: Über das Plagiat, Lehengrad #5
Buchbesprechung
  • Josef Kirchner: „Buchstaben sind Schmutz auf Papier“ – Zeitschriftenumschau
Interview
  • Miss Tell und Miss Spell – Gespräch Franziska Füchls und Lisa-Viktoria Niederberger
Kreativraum mit Magic Delphin

mosaik25 – Eisvogelkarosserien

mosaik25 – Eisvogelkarosserien

Intro

Würde uns jemand vermissen?

Das Damoklesschwert, das aktuell über vielen Institutionen der freien Kunstszene in Österreich hängt, ist eigentlich ein Säbel. Unsicherheiten bezüglich der finanziellen Grundlage aufgrund des Regierungswechsels sind allgegenwärtig. Die Angst greift wieder um sich.

Und das mosaik? Es ist kein Geheimnis, dass eine kostenlose Zeitschrift, Lesungen, Bücher und noch vieles mehr nur mit Geld aus der öffentlichen Hand finanzierbar sind. Zwei Fragen drängen sich auf: Müssen wir Angst haben? Und: Wie sollen wir uns positionieren?

„zittere nicht fürchte dich nicht“ (Kinga Tóth, S. 42)

Zunächst: Wir bewundern mutige Schritte wie beispielsweise den von Kabeljau und Dorsch, mal eine Saison auszusetzen, wenn das Geld fehlt; wir beobachten besorgt die finanziellen Schwierigkeiten von anderen Projekten, aktuell etwa bei Fixpoetry. Dennoch arbeiten und planen wir weiter, denn euer Interesse an unserer Arbeit schärft unsere Blicke und motiviert uns, tagtäglich nach vorne zu schauen, wenn es um spannende neue Stimmen in der Literatur- und Kulturszene geht.

Das mosaik ist unpolitisch. Das war lange Zeit unsere Prämisse. Irgendwo in der Ferne hallen noch die letzten Worte der Politolog*innen nach – „Alles ist Politik!“ –, aber wir wollten uns bewusst nie positionieren. Wenn dies Autor*innen oder Redakteur*innen von uns tun, soll es uns Recht sein, das Projekt allerdings hat keine politische Position. Immer öfter allerdings die Fragen: „Stimmt das überhaupt noch?“ und: „Kann/darf man heute keine Position haben?“

„Wir Dichter sind Lügner, – ja, aber wir gebens offen zu. Trotz gegen die Kälte.“ (Gespräch Piekar-Roth, S. 58)

„Warum Kunst?“, fragt Veronika Atzwanger vor ihrer Kunststrecke und findet ihre persönliche Antwort, die sich jede*r wahrscheinlich irgendwann zurechtgelegt hat oder zurechtlegen muss. Und unabhängig von der politischen Großwetterlage, dem Kontostand oder der Windrichtung, die einen trägt oder bremst: Diese subjektive, universelle Antwort funktioniert immer. Immer wieder aber auch: „Warum mosaik?“ Und obwohl wir die Antwort zu kennen glauben, die Unsicherheit bleibt: Gibt es Erschütterungen, die diese Antwort nichtig machen würden? Sind wir durch die politische Nicht-Positionierung austauschbar? Würde uns jemand vermissen?

Inhalt

Alle graben Gräber

  • Enno Ahrens: Die Winter
  • Holger Dauer: Vielleicht eine Erinnerung
  • Sascha Preiß: Vor der Irrfahrt
  • Philipp Böhm: Unter dem Strand
  • Nicola Quass: es ist nicht winter
  • Marlies Blauth: Illustration

Hilflose Menschlein

  • Felix Ebert: Anleitung zum langsamen Tod
  • Lasse Jürgensen: Bulgarorszag
  • Caren Jeß: Und im Hintergrund der kleine Danny (6) küsst sein Spiegelbild
  • Lisa Krusche: Alpen I
  • Alisha Gamisch: Ein Ort außerhalb allem
  • Marlies Blauth: fünfminutenheimat
  • Marlies Blauth: Illustration

Ungefragt aufgelöst

  • Valentin Feneberg: murxen, knarzen, tremolieren
  • Philipp Kampa: An das Wippen der dürren Äste im Wind
  • Anne Bünning: live your dream abgekratzt
  • Jonathan Perry: Warnung vor der Pielach
  • Barbara Rieger: nicht ich – ich nicht
Kunststrecke von
BABEL – Übersetzungen
  • Kinga Tóth: huszonhetedik ének/Lied siebenundzwanzig, negyvenharmadik ének/Lied dreiundvierzig (Ungarisch & Deutsch)
  • Caca Savic: Ohne Titel/Senza Titolo (ins Italienische von Nicoletta Grillo)
  • Maddalena Vaglio TanetIl lago di Lindow/Der See bei Lidow (Aus dem Italienischen von Tobias Roth)
  • Nicoletta Grillo: Feierabend (Aus dem Italienischen von Tobias Roth
  • Jānis ElsbergsRīta kafija/Morgenkaffee (Aus dem Lettischen von Patricius d’Suicidius)
Kolumnen
  • Peter.W. – Krieg und Möbel, Hanuschplatz #13
  • Marko Dinic – Jugolokale, Lehengrad #4
Buchbesprechung
  • Lisa-Viktoria Niederberger – . Rezension Simone Hirth – Bananama (Kremayr & Scheriau)
Interview
  • „Man kann die Schönheit nicht den Krämern überlassen.“ – Gespräch Tobias Roth & Martin Piekar
Kreativraum mit Mario Osterland

mosaik24 – Erlebniswelt Heizen

mosaik24 – Erlebniswelt Heizen

Intro

„Heiz ein und zieht euch warm an!“

„Wenn die Leute unsere Texte haben wollen, dann geben wir sie ihnen.“

Christine Haidegger spricht im Interview (S. 62) über die Gründung ihrer Literaturzeitschrift vor vierzig Jahren recht pragmatisch aus, was Beweggrund und Motivation für vieles sein kann: Die Nachfrage. Ein fehlendes Angebot. Ein Vakuum. Doch was, wenn es die Nachfrage nach etwas Bestimmten nicht gibt, nicht geben kann, da niemand weiß, dass etwas existiert, das man begehren kann. Ist das die Aufgabe von Kunst? Nachfragen zu befriedigen, die nie ausgesprochen worden sind?

Solche Fragen und ähnliche haben wir uns in den letzten Monaten regelmäßig gestellt – im Hinblick auf das bisher Erlebte, den status quo und die Ziele, die wir mit dem mosaik hatten und haben. Sind uns noch einmal klarer geworden, warum wir was wie machen. Haben an der einen oder anderen Schraube gedreht um zum Beispiel die Zeitschrift hoffentlich noch interessanter zu machen.

„Wir kleben. Wir lösen uns ab. Wir kleben. Alles, was von uns bleibt, sind unsichtbare Rückstände.“

Martin Peichl vergleicht den Zusammenhalt in einer Beziehung mit einem Post-It (S. 10). Und auch wir fragen uns nicht zum ersten Mal: Was bleibt von unserer Arbeit. Die physische Zeitschrift landet im Altpapier oder zerfällt langsam im Archiv – die achso bleibende und beständige Printpublikation bleibt bei einzelnen Autor*innen in einer Zeile im Lebenslauf bestehen: „Veröffentlichung in diversen Literaturzeitschriften.“

Es sind – wie so oft – nicht zuletzt die persönlichen Kontakte, die motivieren. Die Diskussionen mit Autor*innen und Rezipient*innen, die Unterhaltungen nach Lesungen, die Wertschätzung in den Mail-Konversationen. Ein Wort, das immer häufiger fällt: Dringlichkeit. Manche Texte werden nicht geschrieben, weil sie jemand lesen will, manche müssen einfach raus, auch wenn niemand auf sie wartet. Und bald kann man sich kaum noch vorstellen, wie man jemals ohne sie existieren konnte.

„dies ist kein gedicht über den zu kurz gedachten zusammenhang von sprache und denken. dies ist im besten fall: ein loch im papier, das groß genug ist, um durchzuwollen.“ – Xú Yìn / Lea Schneider (S. 42)

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Inhalt

  • Laurenz Rogi – Wie ich den Osorno bestiegen habe
  • Kerstin Meixner – Die Geschichte meines Vaters, arabische Version
  • Marianna Lanz – hasen
  • Martin Peichl – Entdecker
  • Julia Knaß – fixierungspunkte
  • Safak Saricicek – humanspaghetti
  • Chistian Lange-Hausstein – Wie eine Wespe
  • Robin Krick – Der Schwerfällige
  • Alexander Kerber – Im Hals klafft eine Wunde
  • Nikola Huppertz – schuhe
  • Sebastian Görtz – Industriekultur
  • Slata Roschal – o.T.
  • Illustrationen von Lisa Köstner
NEU: Kunststrecke von Daniela Kasperer
BABEL – Übersetzungen
  • Krista Scözs – am paralizat/sunt un om al exceselor (Aus dem Rumänischen von Yevgeniy Breyger)
  • Julia Grinberg – Paradisischer Fernblick | Zweimal über Phantome (Russisch und Deutsch)
  • Anna Hetzer – Funkhaus Nalepastraße (Ins Italienische von Nicoletta Grillo)
  • Kathrin Bach – Ocker (Ins Italienische von Nicoletta Grillo)
  • Marco Mantello – Dopo l‘ultimo (Aus dem Italienischen von Tobias Roth)
  • Agata Spinelli – Lungo il Freilichtmuseum (Aus dem Italienischen von Tobias Roth)
  • Xú Yìn – 秋访金陵 (aus dem Chinesischen von Lea Schneider)
Kolumnen
  • Peter.W. – Die Brille, Hanuschplatz #12
  • Marko Dinic – Nachts, Lehengrad #4
Buchbesprechung
  • Lisa-Viktoria Niederberger – Ein Ort in den Bergen. Rezension „Tau“ von Thomas Mulitzer (Kremayr & Scheriau)
Interview
  • Papier erbetteln, Manuskripte schmuggeln. Josef Kirchner, Christian Lorenz Müller im Interview mit Christine Haidegger
Kreativraum mit Thomas Mulitzer

mosaik23 – du bist fad.

mosaik23 – du bist fad.

Intro

Wer ist fad?

Wenn das mosaik auf der Titelseite eine so provokante Behauptung aufstellt, dann fragst du dich wohl, wer denn nun fad sein soll. Nun, entweder ist dies eine selbstbezogene Behauptung vom mosaik, vielleicht eine neue, etwas fragwürdige, PR-Masche. Ein kurzer Blick ins Archiv, genauer gesagt, in mosaik13, hilft weiter:

„Keine Literaturzeitschrift kann jemals so langweilig sein wie die letzten Bücher von Peter Handke.“ – Marko Dinic

Puh, aus dem Schneider. Aber das würde ja bedeuten, das Du bezieht sich auf dich, werte Leserin bzw. werter Leser, sofern Sie nicht schon von der Titelseitenduzerei abgeschreckt oder gar beleidigt worden sind. Sehr kühn von uns, sind wir doch eigentlich ganz lieb und freundlich. Und was sagt eigentlich Frau Pernkopf auf Seite 8 dazu?

Aber wo waren wir. Genau. Die Literaturzeitschriften. Dass die nicht fad sind, haben wir (und du sicher auch) nicht erst mit mosaik13 rausgefunden. Was die aber wirklich können, das dürfen sie selbst unter Beweis stellen. Zum einen beim ersten Treffen unabhängiger, zeitgenössischer Literaturzeitschriften, das im Mai 2017 in Salzburg stattfindet – klein und laut präsentieren sich bereits jetzt einige dieser Zeitschriften ab Seite 53.

Dennoch: Wenn man zum dreiundzwanzigsten Mal etwas macht, dann muss man sich dem Fadessevorwurf stellen. Intern möchten wir dafür sorgen, dass wir eben dies nicht werden, arbeiten an neuen Formaten, Inhalten, Themen. Doch dafür brauchen wir dich, der du grade im Zug/auf der Wiese/am Klo sitzt und zufällig oder ganz bewusst diese Zeiten liest. Wer liest eigentlich noch Vorwörter? Ach, ist eh ein Intro. Und als solches darf es ruhig auch konfus und wirr sein.

Weiterhin: Wir brauchen dich. Wenn du dich fragst, was wir so machen, dann lies einfach mal weiter und schau dich online um. Wenn du das, was wir (außerhalb dieses Intros) so machen, gar nicht mal so schlecht findest, dann werde doch ein Teil von uns! Noch nie war es so einfach, ein Mitglied der mosaik-Familie zu werden. Schau einfach mal auf wir.mosaikzeitschrift.at vorbei.

Der Vorteil daran: Wir sind nicht fad.

Unser Mosaik.

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mit Texten von:
  • Ulrike Anna Bleier
  • Daniela Chana
  • Sagal Comafai
  • Fabian Lenthe
  • Christian Lorenz Müller
  • Susanne Pernkopf
  • Andreas Reichelsdorfer
  • Kathrin Schadt
  • Sigune Schnabel
  • Katja Schraml
  • Jan Seibert
  • Leon Skottnik
  • Elisa Weinkötz
  • Phillip Zechner
klein&laut – Literaturzeitschriften-Spezial mit Vorstellung von:
  • Politisch Schreiben
  • &radieschen
  • Richtungsding
  • Sachen mit Woertern
  • Seitenstechen
  • Zeitblatt Prisma
  • STILL
Übersetzungen von Texten von:
  • Katja Plut (aus dem Slowenischen)
  • Natasa Velikonja (aus dem Slowenischen)
  • Karlo Hmeljak (aus dem Slowenischen)
  • Florin Iaru (aus dem Rumänischen)
  • Aleksandr Baslacev (aus dem Russischen)
  • Nicoletta Grillo (aus dem Italienischen)
Mit Auszügen aus:
  • KulturKeule XXIII – Texte von
    • Fiona Sironic
    • Nora Zapf
    • Daniel Bayerstorfer
Buchbesprechung:
  • Marko Dinic – Lyrikkiez: Wald aus Krätze (hochroth)  und BAIAE (Verlagshaus Berlin) von Tobias Roth
Interview:
  • Sibylle Ciarloni mit Joanna Lisaik
Kolumne
  • Peter.W. – Hanuschplatz
eine Grafik von:
  • Flamingo
Kreativraum mit Veronika Aschenbrenner