freiTEXT | Nico Feiden

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Tramperliebe

Ich ging stundenlang an einer Landstraße entlang, ohne das ein Auto anhielt, litt unter der Hitze dieser südlichen Sonne, während der Schweiß aus jeder Pore meines Körpers tropfte.

Als ich schon aufgeben wollte, hielt ein kleines Auto und eine junge Frau lächelte mir entgegen. Ein braun gebrannter Engel, der sich in diese südliche Dürre verirrt hatte.

Ich stieg ein und wir brausten los, während der Staub hinter uns in einem Wirbel aus Erregung zitterte.

Der Vorderreifen des Wagens schmiegte sich sanft an den Mittelstreifen der verlassenen Landstraße an und am Fenster zog die Wildheit der Natur wie ein verschwommenes Polaroid vorbei.

Es war eine wunderbare Fahrt, Clara so hieß sie, erzählte mir von ihren Reisen, von ihrer kleinen Modeboutique in Florenz. Sie redete und redete mit ihrer zarten Stimme und ich hörte Ihr gerne zu. Ich sah sie verlegen an, während das Licht sich auf ihrer braun gebrannten, verschwitzen Haut verlor.

Vielleicht war es, weil ich lange nicht mehr mit einer Frau gesprochen hatte, aber sie kam mir so unwirklich vor, so vollkommen, so wundervoll ...

Für ihr Lächeln wäre ich tausend Tode gestorben, Gott war sie schön.

Sie redete und ich hing gebannt an Ihren feurigen Lippen, hörte jeden Ton wie eine Symphonie des Himmels in meinen Ohren erklingen.

Sie fragte, ob ich einen Platz zum Schlafen hätte, und bot mir an bei ihr zu nächtigen. Ich lehnte dankend ab, denn der Ruf der Ferne lockte mich weiter Richtung Süden.

An einer Kreuzung verabschiedeten wir uns, sie gab mir einen Kuss; einen sanfteren und innigeren Kuss hatte ich nie bekommen und ich schwebte noch tagelang in dem zauberhaften Schleier der Verliebtheit über die staubigen Straßen Italiens, mit der tragisch schönen Erkenntnis, dass ich sie nie wieder sehen würde ...

Nico Feiden

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