mosaik39 - Kann mal jemand ein Foto machen?
mosaik39 - kann mal jemand ein Foto machen?
Frühling 2022
.
INTRO
Crunch Time kennen wir als Ausdruck seit kurzem, kennen wir als Gefühl scheinbar ewig. Irgendjemand hat mal gesagt, Erwachsensein heißt, jede Woche zu sagen: „Diese Woche ist stressig, aber nächste wird’s besser.“ Und so verkörpern wir – oder sagen wir sicherheitshalber: viele von uns – dieses Zerrbild von scheinbar Erwachsenen.
„Beim Schreiben trödle ich durch die Sprache. Ich nenne das nicht Arbeit und habe keine Projekte. Ich grabe und klopfe ein bisschen. Ohnehin ist alles second hand, also unter der Hand erworben. Ich habe mir das hier so zurechtgetrödelt.“ – Christian Leroy (S. 33).
Umso schöner, dass uns einige Texte in dieser Ausgabe wieder an die Langsamkeit erinnern. An die Gemächlichkeit, die Achtsamkeit – und daran, dass Lyrik gerne ineffizient ist, wie die Gedichtmaschine von Martin Dragosits zeigt (S.14):
„sie hudelt nicht
raunzt gerade so laut
dass wir sie nicht verstehen
oder ihre Geräusche
für liebenswürdig halten
[…]
öffnet sich
spuckt Worte aus
manchmal ganze Sätze
Und wir müssen schauen
was wir damit machen“
Das mosaik spuckt viele Worte aus, manchmal ganze Sätze. Und wir laden euch ein, zu flanieren, zu trödeln, zu entdecken. Vielleicht treffen wir einander auf dem Weg – und dann sagt womöglich wer zum Spaß: Kann mal jemand ein Foto machen?
euer mosaik
Inhalt
Versteckspiele
Res Sigusch – New York
Carmen Jaud – wer verlangt von den blättern
Bülent Kacan – Ach, Mensch, Aleph
Martin Dragosits – Die Gedichtmaschine I + II
Suchscheinwerfer
Sarah von Lüttichau – was wir nicht sagten
Jürgen de Bassmann – Dieses Haus gehört mir nicht
Martin Peichl – Was ist ein Gespenst
Lukas Arndt – Oslo-Bergen-Line
Isabella Feimer – hold data hostage
Lichtkanten
Tom Riebe – posse & protest
Tanja Gruber – Die Tyrannin
Nasima Razizadeh – Geheimzahl
Stephanie Mehnert – kalben
Christian Leroy – Zwecklos
Kunststrecke von Janina Kepczynski
BABEL – Übersetzungen
Die in BABEL versammelten Gedichte erzählen von Tod und Gewalt, von Verbrechen und Verlust, von Wut und Verzweiflung – in einer gleichwohl melancholischen Sprache der Erinnerung. Gerade in Tagen, in denen wir mit diesen Themen medial fortwährend konfrontiert sind, wo wir um Worte für das unausgesetzte Grauen des Krieges ringen, darf sich die Literatur und deren Lektüre solcher Erfahrung nicht verschließen.
Luis Varela – Lautaro / Lautaro (Spanisch)
Luis Varela – Flores frescas / Frische Blumen
Karl Parkinson – All The Swings Are Gone / Alle Schaukeln sind verschwunden (irisches Englisch)
[foejәtõ]
Don’t judge a book by its cover. Oder doch?
Sarah Oswald, Mitherausgeberin, Grafikdesignerin und Illustratorin des mosaik seit Stunde Null ist nicht die Einzige, die weiß, dass das innere und äußere Erscheinungsbild von Druckwerken wesentlich zum Genuss beiträgt. Darum haben wir zahlreiche Illustrator*innen, Gestalter*innen und Bücher-Macher*innen eingeladen, uns deren Zugang zum Gestalten von Literatur mitzuteilen – ein Schwerpunkt, dem wir schon sehr lange in der Zeitschrift Raum geben wollten!
Kreativraum mit Alexander Estis
.
.
>> Infos, Leseprobe und Bestellen
mosaik31 - und jetzt raus hier
mosaik31 - und jetzt raus hier
Frauen mit Geld
- Martin Peichl – Männer ohne Eigenschaften
- Hera R. Blau – Zwei Bier und wir
- Kanella Baleka – Tommy, Montag 11:00, Musikkonservatorium
- Kerstin Nethövel – Explosionen
Platz am Rand
- Patricia Büttiker – Short Pieces
- Bülent Kacan – Agitatoren und Abgründe
- Angelika Brünecke – Unsicherbar
- Michael Pietrucha – „Hajastan“ – oder Die Armenischen Miniaturen
Schwitzwässer nachts
- Susanne Huck – Gottfried hat schon wieder was angestellt
- Jochen Weeber – Badewannen
- Paul Jennerjahn – vernissage, winter
Kunststrecke von ISIPAINTING
BABEL – Übersetzungen
Unsere Affinität zu slawischen Sprachen rührt nicht von irgendwo her: Seit den Anfängen unserer Arbeit als Zeitschrift kamen wir des Öfteren mit Autor*innen in Berührung, die östlich der Salzach ihre ersten literarischen Schritte unternahmen und mittlerweile in Ländern wie Slowenien, Tschechien oder Serbien feste Größen in ihren heimischen Literaturszenen sind. So wie etwa der preisgekrönte und in dieser Ausgabe von BABEL vertretene, slowenische Dichter Uroš Prah, mit dem uns auch das Zeitschriftenwesen verbindet (Uroš war jahrelang Redakteur der in Slowenien äußerst populären Literaturzeitschrift IDIOT). Daneben schätzen wir sehr die Arbeit von Übersetzer*innen wie Patrick Valouch, der nie müde wird, uns die spannendsten neuen Autor*innen aus Osteuropa in eigener Übersetzung vorzustellen. Dass sich in dieser Ausgabe ein Holländer eingeschlichen hat, sei jetzt mal dahingestellt – auch Holland liegt ja schließlich östlich vom Meer.
- Karel Jan Capek – Mrtví na lovu / Die Toten auf der Jagd (Tschechisch)
- Volha Hapeyeva – жыву […] / Ich wohne […] (Belarussisch)
- Katsjaryna Makarewitsch – мора? / das meer? (Belarussisch)
- Uroš Prah – jutro ob bazenu / Ein Morgen am Pool (Slowenisch)
- Arnoud Rigter – Ding van dons / Ding aus Daunen (Niederländisch)
- Uroš Miloradović – Svaka stolica […] / Jeder Stuhl […] (Serbisch)
[foejәtõ]
„Lyrik ist unproduktiv“ titelt Lisa-Viktoria Niederberger in ihrem Leitartikel des neuen [foejetõ]. Welche gesellschaftspolitische Kraft Lyrik hat – und was deren Aufgaben sind – darüber spricht Tristan Marquardt im Interview über die Festivals Fokus Lyrik und ULF, das Unabhängige Lesereihen Festival. Und dann stellt uns Jonas Linnebank die Literaturszene von Köln genauer vor – inklusive Fleischhammer.