Fort

Ich höre sein Lachen, durch die verschlossene Tür des Wohnzimmers hindurch. Die anderen stimmen darin ein, laut, gewalttätig. Wenn die anderen gegangen sind, wenn er im Bett liegt, schläfrig vom Alkohol, werde ich das Wohnzimmer betreten. Ich werde vor dem Geruch, der Mischung aus Alkohol, Schweiß und ungewaschener Kleidung zurückweichen, meinen Atem anhalten, hineingehen, das Fenster öffnen und aufräumen. Während ich das tun werde, werde ich mich selbst sehen, wie ich ihm hinterher räume, und ich werde mich fragen, warum ich das tue. An der Garderobe hängen ihre Mäntel. Ihr Geruch nimmt den des Wohnzimmers vorweg. Ich nehme meinen Mantel vom Garderobenhaken, damit er nicht ihren Geruch annimmt. Ich stehe im Vorzimmer, meinen Mantel in der Hand haltend. Ich könnte ihn anziehen, die Haustür öffnen, sie leise hinter mir zuziehen und fortgehen. Ich stehe im Vorzimmer und weiß, dass ich nicht fortgehen werde. Es ist ein Wort ohne Ziel, ohne Ankommen. Fortgehen gibt es nicht. Ich stehe im Vorzimmer und der Geruch ihrer Mäntel nimmt mir den Atem. Ich öffne die Haustür, gehe zur Garderobe, nehme einen Arm voll Mäntel, versuche, sie von meinem Körper fernzuhalten, an ausgestreckten Händen trage ich sie vor die Haustür, lege sie auf den Boden, gehe zur Garderobe zurück, nehme die restlichen Mäntel, lege sie vor die Haustür. Die Garderobe ist jetzt sauber, und ich hänge meinen Mantel daran. Dann gehe ich ins Badezimmer. Ich drehe den Schlüssel von innen zwei Mal im Schloss herum. Ich setze mich auf den Badewannenrand. Ich beginne zu warten. Ich habe noch keine Angst.

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