leere

 

ich lief leer und unfassbar
einfach durch ein oleander
perlen oder zinnoberfeld. trug vertrocknete wunden
und armbänder aus geronnenem blut.
ich kam zweifellos voran
unter dem mit alabaster eingewachsten himmel
und nichts konnte trüben die leere
in mir.

und wie ich durch die felder gleite, treffe ich
in einem stacheldrahtnest, neben einer goldenen, zerbrochenen zimbel
eine verlorene, geliebte, und sehr verlorene frau.
„wer sein herz aus der brust reißt zur nacht,
der langt nach der rose”, sage oder schweige ich.
„ab jetzt können wir alles ohne schmerz ertragen”, sagt
oder schweigt sie.

wir wundern uns, soweit möglich, über unser weißes treffen,
erinnern uns an das wachsen der nägel
an den geruch der uhr nach zerlegtem fleisch
an die tüten mit vermengter luft (und andere kleinigkeiten des lebens)

wir erinnern uns, soweit möglich,
an die verlosung
der folterinstrumente
und schauen einander an, als wären wir nicht verloren oder sehr verloren.

wir schweigen und wissen: mit größeren und schwereren steinen
hätten wir nicht spielen können.
unter unseren ausgerissenen herzen schwiegen wir und wussten

dass ich nicht stehen bleiben konnte. ich musste
wieder laufen, leer und unendlich
einfach, unter dem mit alabaster eingewachsten himmel, andauernd,
durch das feld aus granit oder zinn
und nichts sollte trüben die leere
in mir.

ohne dass es überhaupt noch zählt
wo ich ankam und warum
so leer.

.

Teodor Dună

aus dem Rumänischen von Manuela Klenke

.

Das Gedicht wurde anlässlich des Projekts #Celan100, organisiert vom Goethe Institut Bukarest in Zusammenarbeit mit dem Literaturblog DLITE, geschrieben.

.

Das Advent-mosaik, dein literarischer Begleiter durch die Vorweihnachtszeit.
Täglich darfst du ein neues Türchen aufmachen:

advent.mosaikzeitschrift.at